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Nine-Eleven und die Schiefertafel

DMZ –  BLICKWINKEL ¦ Ruedi Stricker ¦                   

 

Am 11. September 1881 – also genau 120 Jahre vor dem Anschlag auf das World Trade Center – wurde Elm von einem Anschlag heimgesucht. Bis heute nicht angeklagt wurde die Täterschaft: Zehn Millionen Kubikmeter Schiefergestein.

 

Hinten im Zigerschlitz

«Zigerschlitz» wird das Glarnerland genannt. Wegen des Schabzigers, einem würzigen, grünen Käse, der seine Farbe einer Kleesorte verdankt. Und wegen der Topografie mit den steil aufragenden Bergen über der Linthebene. Nach Elm gelangt man über Glarus und dann Richtung Sernftal. Dort findet sich auch das bekannte Martinsloch, durch das an zwei Tagen im Jahr die Sonne direkt auf die Kirche scheint. Wahrscheinlich als himmlischer Trost für das recht harte Klima, das in früheren Jahrhunderten den Bauern alles abverlangte. Umso willkommener war deshalb eine andere Einkommensquelle: Schon 1565 wurde urkundlich festgehalten, dass hier Schiefer abgebaut und fast in die ganze Welt exportiert wurde.

 

Schiefer? Wozu braucht die Welt Schiefer?

Schiefer ist ein Sedimentgestein und kommt in verschiedenen Zusammensetzungen auf allen Kontinenten vor. Wegen der ausgezeichneten Spaltbarkeit entlang den Sedimentschichten eignet er sich sehr gut für die Herstellung von Platten. So wurden bereits im Mittelalter Dächer, Giebel und Fassaden mit dunklem Tonschiefer verkleidet und Mauern aus behauenen, kompakten Bruchsteinen errichtet. Sehr aktuell ist derzeit der Schieferabbau für die Gewinnung von fossilen Energieträgern in Form von Öl und Gas. Allerdings ist das nur bei hohen Marktpreisen wirtschaftlich interessant, da die Förderung sehr hohe Investitionen bedingt.

 

«Du hast das Nell nicht aufgeschrieben!»

Für uns Schreibende ist die interessanteste Verwendung des Schiefers diejenige als Schreibtafel. Als Papier noch teuer war, stellte die Schiefertafel – früher zusammen mit dem massiven Schiefergriffel, wie ihn der Schreibende noch in der Primarschule verwendete – eine günstige Lösung dar. Trotz der Nachteile – nur zwei Seiten pro Tafel, Zerbrechlichkeit, relativ hohe Anschaffungskosten – ist die gute, alte Tafel für bestimmte Zwecke noch heute beliebt. Für ein Restaurant gibt es kaum eine schönere Möglichkeit, auf das Tagesmenu aufmerksam zu machen. Und darauf, dass eingefleischte Kartenspieler ihre Ergebnisse mit einer App erfassen, können wir wohl noch lange warten.

 

«Und was geschah genau in Elm?»

Der Bergsturz von Elm wurde wesentlich durch den jahrelangen Schieferabbau mitverursacht. Unerfahrene Bauern versprachen sich dadurch schnellen Wohlstand und untergruben den Berg selbst dann noch weiter, als sich dieser bedrohlich zu bewegen begann. Die Katastrophe kam am Sonntag, 11. September 1881 in Form von 10 Millionen Kubikmeter Schiefer und forderte 114 Menschenleben, 83 Gebäude und 90 Hektar Fläche. Die Produktion am Plattenberg wurde zwar später wieder aufgenommen, aber 1961 aus arbeitshygienischen und wirtschaftlichen Gründen eingestellt. Wer sich für eine Besichtigung der alten Schiefertafelfabrik interessiert, wird bei www.plattenberg.ch fündig. Die Reise lohnt sich.

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