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AT: EU-Gipfel über Asylpolitik

DMZ –  POLITIK ¦ MM ¦ Lena Wallner ¦                                    

 

Mit einer Aktuellen Stunde zum Thema "Asylbremse - die Maßnahmen zeigen Wirkung" setzte die Länderkammer heute ihre Beratungen fort. Innenminister Gerhard Karner berichtete, dass mit fast 109.000 Asylanträgen im letzten Jahr ein absoluter Höchststand erreicht worden sei.

 

Um eine Überforderung des Systems zu vermeiden, wurden daher bereits im letzten Jahr zahlreiche Maßnahmen eingeleitet, die von einem härteren Vorgehen gegenüber der Schleppermafia bis hin zu schärferen Kontrollen im ungarischen Grenzraum reichten. Weiters sei es gelungen, die Asylverfahren noch einmal deutlich zu beschleunigen; sie konnten nun im Durchschnitt innerhalb von dreieinhalb Monaten in der ersten Instanz abgeschlossen werden. Äußerst positiv beurteilte Karner die Ergebnisse des letzten EU-Gipfels zum Thema Asyl, wo Österreich klare Erfolge erzielen habe können.

 

Während die Bundesräte der ÖVP der Politik von Karner Lob zollten, warfen die Freiheitlichen der Regierung gänzliches Versagen in der Asylpolitik vor. Die Redner der SPÖ sahen es als entscheidend an, dass Europa in der Asylfrage geeint auftrete. Dazu gehörten gut organisierte Grenzkontrollen, schnellere Asylverfahren sowie Abkommen mit den Herkunftsländern zur rascheren Zurückführung von illegalen Migrant:innen. Auch den NEOS war die Schaffung eines einheitlichen europäischen Asylverfahrens ein zentrales Anliegen.

 

Karner: Konkrete Aktionen haben Wirkung gezeigt

Innenminister Gerhard Karner bezeichnete den Kampf gegen die Schleppermafia und gegen den Asylmissbrauch als eine der größten Herausforderungen, die es derzeit zu bewältigen gebe. Im letzten Jahr wurden fast 109.000 Asylanträge gestellt, so viel wie seit den 1950er Jahren nicht mehr, so der Innenminister. Obwohl Österreich ein EU-Binnenland sei, waren 75.000 Personen nicht registriert. Zusammen mit den geflüchteten Menschen aus der Ukraine befinden sich zur Zeit rund 90.000 Personen in der Grundversorgung, informierte der Minister. Eine der Ursachen für die hohen Zahlen in diesem Bereich sei darin zu finden, dass die Schlepper mit der Vertriebenen-Richtlinie der EU, die ukrainischen Flüchtlingen einen Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglicht, "brutales Marketing" betrieben hätten. In der Folge hätten immer mehr Menschen aus Indien oder Tunesien versucht, in die Europäische Union zu kommen, wobei sie vor allem über die Türkei und Serbien eingereist seien. Er sei daher sehr froh darüber, dass die bilateralen Gespräche mit Serbien zu einer Änderung der Visapolitik geführten haben, wodurch die Anträge aus Indien und Tunesien nur mehr im einstelligen Bereich seien.

 

Da schon im letzten Jahr absehbar gewesen sei, dass es zu einer Überforderung des Asylsystems komme, habe man erste Maßnahmen mit einer "Aktion scharf " gesetzt, berichtete Karner. Überdies sei es zu einer Beschleunigung der Verfahren, einer Verschärfung von Grenzkontrollen sowie zur Umsetzung der Operation "Fox" im ungarischen Grenzraum gekommen. Es sollte damit auch klargestellt werden, dass es kein "Durchwinken" gibt. Jedes Land habe ein Recht darauf, zu wissen, wer das Staatsgebiet betritt, betonte der Minister. Ein weiteres großes Problem besteht laut Karner darin, dass das Schengen-System, das eines der großen Errungenschaften der EU sei, bedauerlicherweise nicht funktioniert. Notwendig seien daher auch Allianzen mit anderen Ländern, um Druck auf die Kommission zu machen. Karner zeigte sich insbesondere zufrieden darüber, dass der von ihm vorgeschlagene Fünf-Punkte-Plan beim EU-Gipfel auf breite Zustimmung gestoßen sei und einige Teile schon rasch umgesetzt werden sollen.

 

ÖVP: Österreichische Positionierung in der Asylfrage hat zu Kursänderung in der EU geführt

Angesichts von über 100.000 illegalen Grenzübertritten nach Österreich im letzten Jahr müssten sich wohl alle einig in der Analyse sein, dass das europäische Asylsystem nicht funktioniere, konstatierte Bundesrat Harald Himmer (ÖVP/W). Es sei daher sehr richtig gewesen, dass Bundeskanzler Nehammer und Innenminister Karner bezüglich des Schengen-Beitritts von Rumänien und Bulgaren eine sehr klare Position bezogen hätten. Dadurch konnte beim letzten EU-Gipfel erreicht werden, dass nun zusätzliche finanzielle Mittel zum Schutz der EU-Außengrenzen zur Verfügung gestellt werden, war er überzeugt. Himmer appellierte an die Vertreter:innen der anderen Parteien, die Bundesregierung in diesen Bemühungen zu unterstützen, damit sich die Dinge in die richtige Richtung weiterentwickeln. Als Beispiele nannte er die Implementierung von Pilotprojekten für Asylverfahren an den EU-Außengrenzen sowie die Schaffung von Rechtsgrundlagen für eine Zurückweisungs-Richtlinie und für Asylverfahren in sicheren Drittstaaten. Bundesrat Martin Preineder (ÖVP/N) hob die Anstrengungen auf nationaler Ebene hervor, die bereits einige Erfolge zeitigten. So sei etwa durch die intensiven Kontrollen an der Grenze zu Ungarn die Tätigkeit vieler Schlepper verunmöglicht worden. Generell sollten die Themen Asyl und Migration getrennt behandelt und vor allem sachlich debattiert werden, wünschte sich Preineder.

 

SPÖ spricht von verfehlter Migrations- und Integrationspolitik durch dafür verantwortliche ÖVP-Innenminister

Bundesrat Dominik Reisinger (SPÖ/O) zeigte sich überrascht von der heutigen Themenwahl für die Aktuelle Stunde, da die ÖVP seit Jahren "an diesem Thema vorbeirede und vorbeiarbeite". Wenn man sich nämlich die Fakten näher ansehe, dann seien die angeblichen Erfolge der seit über 20 Jahren von der ÖVP gestellten Innenminister:innen schnell entzaubert. Kritik komme nun sogar aus den eigenen Reihen, wie etwa vom Vizepräsidenten des Europäischen Parlaments Othmar Karas, gab Reisinger zu bedenken. Dieser habe die Vermischung des Asylthemas mit dem Schengen-Beitritt von Rumänien und Bulgarien als "unverantwortlich und unsäglich" bezeichnet. Wenig Sinn machten aus seiner Sicht auch die "Verbrüderungsreisen" von Bundeskanzler Nehammer und Innenminister Karner nach Serbien und Ungarn, weil dort nicht die Lösungen, sondern die Ursachen des Problems liegen würden. So würde etwa Ungarn tausende Flüchtlinge unregistriert durchwinken, was nicht nur rechtswidrig, sondern auch aufs Schärfste zu verurteilen sei. Entscheidend sei, die Lebensbedingungen in den Herkunftsländern zu verbessern und als geeintes Europa aufzutreten, unterstrich der Bundesrat. Dazu gehörten gut organisierte Grenzkontrollen, schnellere Asylverfahren sowie Abkommen mit den Herkunftsländern zur rascheren Zurückführung von illegalen Migrant:innen.

 

Die SPÖ setze sich seit vielen Jahren für den besseren Schutz der EU-Außengrenzen ein, erinnerte David Egger-Kranzinger (SPÖ/S), der ebenfalls die ÖVP-Innenminister in die Pflicht nahm. So gebe es beispielsweise noch immer keinen Plan für eine geregelte Zuwanderung. Wenn man "klare Kante an den EU-Außengrenzen zeigen" würde, dann wäre man auch der Schleppermafia nicht hilflos ausgeliefert. Weiters müsse die Tatsache zur Kenntnis genommen werden, dass Österreich Fachkräfte aus dem Ausland brauche, urteilte er, diese Zuwanderung müsse aber auch gesteuert werden. Stattdessen würden gut ausgebildete jungen Menschen abgeschoben, die in Österreich einen wichtigen Beitrag leisten könnten.

 

FPÖ wirft Regierung gänzliches Versagen in der Asylpolitik vor

Er wisse wirklich nicht, welche Wirkung die "Asylbremse" zeigen solle, wenn im letzten Jahr über 108.000 illegale Migrant:innen die österreichische Grenze überschreiten konnten, stellte Bundesrat Markus Leinfellner (FPÖ/St) kritisch fest. Es habe im Jänner zwar einen Rückgang gegeben, dieser sei aber nur auf die kälteren Temperaturen zurückzuführen. Für viele andere Bereiche sei aber der Innenminister verantwortlich, meinte Leinfellner, etwa für die Tatsache, dass an den Grenzen noch immer keine Rückweisungen durchgeführt würden. Die Politik von Karner hätte auch dazu geführt, dass die Asylzentren in Österreich "wie die Schwammerl" aus dem Boden geschossen seien und dass das Gesundheits- und Sozialsystem weiter massiv belastet würde. Diese Fehlentwicklungen würden auch von der Bevölkerung nicht mehr akzeptiert, wie man an den aktuellen Umfragen und Wahlergebnissen erkennen könne. Eine aktuelle Studie hätte gezeigt, dass die überwiegende Mehrheit der Österreicher:innen das Zusammenleben mit Migrant:innen sehr kritisch sehen würden. Dies sei angesichts der vielen gerade von Asylwerber:innen verübten Gewaltverbrechen nicht verwunderlich. Daher fordere die FPÖ seit langem einen Asylstopp, die Einführung von Ausreisezentren sowie Sachleistungen statt Geldleistungen für Asylwerber:innen, unterstrich Günter Pröller (FPÖ/O).

 

Grüne orten Reformbedarf beim europäischen Asylsystem 

Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne/O) hielt den Titel der Aktuellen Stunde für problematisch, da Asyl Schutz vor Ereignissen biete, die sich nicht vorhersehen, steuern oder bremsen lassen. Zu diesem Grundsatz hätten sich viele Staaten in der Genfer Flüchtlingskonvention bekannt, die seit 1955 auch Teil des österreichischen Rechtsbestandes sei. Die Ansuchen um Asyl könnten nur dann gebremst werden, wenn die Länder ihre Bevölkerungen so behandeln, dass sie nicht mehr flüchten müssten. Deshalb seien auch Hilfeleistung und Schutz der Menschen vor Ort so wichtig, wie etwa derzeit in von den Erdbeben besonders betroffenen Regionen in der Türkei und Syrien. Dringende Unterstützung bräuchten auch die Frauen in Afghanistan, die aufgrund des Taliban-Regimes kaum mehr Zugang zu medizinischen Behandlungen hätten. Vor diesem Hintergrund empfinde sie es als besonders schmerzlich, wenn immer wieder von der "Festung Europa" gesprochen werde. Natürlich könne Österreich bzw. Europa nicht eine unendliche Anzahl von Menschen aufnehmen, räumte Hauschildt-Buschberger ein, daher müssten auch die Fluchtgründe genau geprüft werden. Was die Zahlen in Österreich betrifft, so zeige sich, dass es bei den Asylwerber:innen in der Grundversorgung kaum einen Anstieg gegeben habe. Handlungsbedarf gebe es jedenfalls auf europäischer Ebene, da es noch kein taugliches System gebe, um gemeinsam die großen Herausforderungen zu bewältigen. Darauf müsse nun der Fokus liegen, unterstrich die Bundesrätin.

 

NEOS: Weniger Marketing und mehr Sachpolitik

Wenn man den Begriff "Asylbremse" verwende, dann betreibe man auch Marketing, richtete Bundesrat Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS/W) dem Innenminister aus. Im Sinne einer Versachlichung der Debatte trete er daher für den Ausbau von legalen Fluchtmöglichkeiten ein, weil nur dann die Schlepperkriminalität unterbunden werden könne. Auch im Asylverfahren selbst gebe es definitiv Verbesserungsmöglichkeiten, wobei vor allem eine Vereinheitlichung auf europäischer Ebene angestrebt werden sollte. Dazu zähle auch die Umsetzung von Sanktionen gegenüber jenen Staaten, die abgelehnte Asylwerber:innen nicht zurücknehmen wollen. Ansetzen könne man dabei nicht nur beim Visaregime, sondern auch bei der finanziellen Unterstützung dieser Länder.

 

 

Herausgeber / Quelle: Parlamentskorrespondenz Österreich ¦ 

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