Jugendliche und Medien bei vermeintlichen Krawallen an der Front

DMZ – GESELLSCHAFT / LEBEN ¦ Walter Fürst ¦

KOMMENTAR

 

Jugendliche und Medien an der Front. Die Medien geniessen jeden Augenblick, denn das gibt Schlagzeilen und Klicks.  Die Berichterstattung läuft auch genau in diese Richtung. So werden vor allem mit Jugendlichen mit Migrationshintergrund Interviews gemacht und z.B. von Krawall und Strassenschlachten gesprochen. In Tat und Wahrheit waren 800 Jugendliche (rund 90% junge Männer) vor Ort, die zwar illegal aber friedlich feiern wollten. Wegen ein paar wenigen Ausnahmechaoten, eskalierte die Situation erneut. Statt diese Störenfriede umgehend zu entfernen, lässt man sich auf einen "Kampf" ein. Ist ja auch viel dramatischer anzuschauen. Die Schweiz bereits vor Jahrzehnten verlernt, in solchen Fällen durchzugreifen und das Gesetz anzuwenden. Letztlich hatte die ganze "Aktion" auch nichts mit oder gegen Corona-Massnahmen zu tun. Dies war schnell klar, wenn man vor Ort die Jugendlichen befragte. Egal aus welchen Orten in der Schweiz die Jugendlichen angereist waren, die Begründung war überall die selbe: "Hier läuft was", "wir kamen wegen der Party". Kein Wort wegen Corona oder Massnahmen. Auch hier wird von den Medien teils falsch informiert und die Bevölkerung unnötig angestachelt. Auf die Frage, ob sich die Jugend denn eingeschränkt sehe wegen den geltenden Massnahmen, war überall unisono zu vernehmen, was ein junger Mann so formulierte: "Ausser der Maske ändert sich ja nichts. Und dass man diese trägt sei verantwortungsvoll und Ehrensache. Wir haben so oder so Partys und treffen uns wie bisher, können Sport treiben, gehen raus, Skifahren und treffen uns wie früher. Nur schade sind die Clubs geschlossen, in Beizen gehen wir ohnehin nicht. Kurz - uns fehlt es an nichts. Dass es jetzt wegen einer Handvoll, Vollidioten wieder überall heisst, dass die Jugend Krawall mache, ist schade, aber nachvollziehbar." Die Jugendlichen um uns herum stimmen dem Sprecher eifrig zu. "Wir sind friedlich und wollen nur etwas Party!"

 

Die Stimmung auf dem Roten Platz in St. Gallen war am Freitagabend etwas angespannt. Rund 800 junge Erwachsene versammelten sich gegen 20 Uhr, um eine Party zu feiern. Da in den Sozialen Medien schon Tage zuvor zu Gewalt aufgerufen wurde von einigen Wortführern der Coronelästererfraktion, wappnete sich auch die Polizei. Einige wenige zündeten Böllerschüsse, bewarfen die Polizisten mit Pflastersteinen, Brandbomben und Bauabschrankungen. Angestachelt wurden sie dabei von den jungen Erwachsenen, die «All Cops are Bastards» skandierten. Die Rechnung der kleinen Gruppe ging also auf. Die Polizei antwortete mit Gummischrot, worauf sich die ganze Menschenmenge vom Roten Platz weg durch die St. Galler Innenstadt bewegte, um sich später wieder auf dem Roten Platz zu besammeln.

 

Gegen Mitternacht wurde es dann ruhiger, da die meisten ihren letzten Zug erwischen mussten. Denn nicht wenige sind aus anderen Schweizer Städten nach St. Gallen angereist, um «Party» zu machen. Die Krawalle in der St. Galler Innenstadt in der Nacht auf Samstag sind laut Aussage von Stadtpräsidentin Maria Pappa (SP) auf eine kleine gewaltbereite Gruppe Jugendlicher zurückgegangen. Ein Grossteil der Jugendlichen habe sich friedlich verhalten, sagte Pappa vor den Medien. Sie forderte «Nulltoleranz» bei solchen Gewaltakten.

 

An der Pressekonferenz sagte die St. Galler Stadtpräsidentin Maria Pappa: "Es war ein kunterbuntes Publikum gestern. Ich hatte vor Ort Gespräche mit den Jungen, sie kamen von überall her und sind Aufrufen im Internet gefolgt". Trotz den online kursierenden Gewaltaufrufen seien viele Jugendliche friedlich geblieben. "Es hatte aber auch welche, die nur kamen, um Gewalt auszuüben. Ich möchte aber betonen, dass es wenige Chaoten waren. Wir müssen uns hüten, die ganze Jugend jetzt in einen Topf zu werfen." Aber: Punkto Gewalt herrsche Nulltoleranz und die Verantwortlichen würden zur Rechenschaft gezogen. Man sei an der Auswertung von Videomaterial.

Die Polizei hat 21 Personen vorübergehend festgenommen. Davon kommen sechs aus der Stadt St. Gallen, 13 aus der Ostschweiz und zwei aus der übrigen Schweiz. Das teilte Polizei-Kommandant Ralph Hurni mit.

Es sei gelungen, die Sachbeschädigungen in Grenzen zu halten. Trotzdem wurden Scheiben eingeschlagen und Velos angezündet.

 

Für Grünen-Nationalrätin Franziska Ryser (29), die bis 2019 noch im Stadtparlament von St. Gallen sass, ist das «massiv zu verurteilen», wie sie auf Twitter schreibt. «Das hat nichts mit Corona-Koller oder Jungsein zu tun!», so Ryser – sondern es gehe allein um die Lust auf Krawall.

 

Die Probleme der Jugend werden künstlich gross geschrieben - auch das macht Schlagzeilen

Ihnen fehlen die Klubs, in denen sie herumknutschen können. Die 18. Geburtstage, die sie mit ihren Freunden feiern dürfen. Die Abibälle, Abistreiche und Abifahrten. Also muss die Jugend faktisch auf nichts nennenswertes verzichten. Die Jugend kann nach wie vor ihren Hobbies nachgehen, Sport treiben, Skifahren, Ausflüge, Ferien machen, sich treffen, Party machen, Soziale Medien sind ohnehin in den letzten Jahren zu einem Dreh- und Angelpunktgeworden und wurde noch etwas wichtiger. Dazu kommt, dass sich (leider) ein Grossteil der Jugendlichen auch kaum an die Massnahmen der Gruppengrösse und Familien hält.

 

Es ist also kaum etwas, worauf junge Leute in der Coronapandemie verzichten müssen. So viele Erfahrungen, die einer ganzen Generation, die gerade ins Leben und in die Selbstständigkeit starten will gehen also nicht unter, im Gegenteil, viele wichtige und prägende kommen dazu. Dass es natürlich auch Jugendliche gibt, die dann mit den Schlagzeilen kokettieren und sich gerne auch als arme Opfer der Pandemie geben, um mehr Beachtung zu erlangen, ist leicht nachzuvollziehen.

 

Auch zwei Befragungen von den Universitäten Hildesheim und Frankfurt am Main, die in Kooperation mit der Bertelsmann Stiftung nun ausgewertet worden sind, kommen zum Ergebnis, dass sich kaum etwas zu vorher geändert hat. Die Probleme sind die selben geblieben. Hierfür wurden in einem ersten Durchgang mehr als 5500 junge Erwachsene im Alter von 15 bis 30 Jahren befragt und im zweiten Durchgang mehr als 7000.

 

Die Ergebnisse im Einzelnen:

  • Knapp zwei Drittel der Befragten (64 Prozent) geben an, psychisch belastet zu sein,
  • 69 Prozent haben Angst vor der Zukunft,
  • 61 Prozent fühlen sich einsam und
  • rund ein Drittel (34 Prozent) hat finanzielle Sorgen.
  • Jugendliche mit Geldsorgen fühlten sich häufiger psychisch belastet und einsam, äusserten häufiger Zukunftsängste als andere junge Menschen.

Exakt die selben Sorgen, wie bereits vor der Pandemie. Die Entwicklung ist natürlich weiter zu verfolgen und auch wachsam sollte man bleiben. Aber alles schlechtreden oder überdramatisieren dient nur den Geschäftszweigen, die damit ihr Geld verdienen.


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