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Spielen ohne Plan

DMZ - GESELLSCHAFT / LEBEN - Patricia Jungo ¦

#mittellaendische ¦

 

Wie so vieles in unserem Leben ist auch unsere Freizeit heutzutage durchgeplant. Auch bei Kindern ist dies nicht anders; nicht nur ihre Freizeitaktivitäten sind geplant, auch das Spielen geschieht oft nach „Plan“. Viele von uns erinnern sich mit Freude an ihre eigene Kindheit und den Drang, sich nach den erledigten Hausaufgaben unmittelbar dem „Freispiel“ ausser Haus und ohne Eltern hinzugeben. Diese Art von Freizeitgestaltung kennen viele Kinder nicht mehr und es ist viel mehr das „Verplant sein“, das dem Zeitgeist entspricht. Für Erwachsene und Kinder wird die Freizeit oft über Wochen und Monate festgelegt und für Spontaneität bleibt wenig Raum. Wir wollen das Beste für unsere Kinder und ihnen möglichst viel (an)bieten. Ob dies ihren natürlichen Bedürfnissen gerecht wird, ist eine interessante Frage. So ist das sogenannte „freie Spielen“ für die Entwicklung der Kinder sehr wichtig. Bedauerlicherweise wissen die Erwachsenen mit diesem Begriff nicht immer etwas anzufangen. Oft denken sie dabei an Unsinn machen, planlos herumhängen und die Kinder sich selbst überlassen. Von der Realität sind sie mit diesem Glauben weit entfernt. Das freie Spiel, mit anderen Kindern oder auch alleine, bietet eine überaus wertvolle Möglichkeit, fürs Leben zu lernen. In der Fachliteratur stösst man bezüglich freies Spielen auf Punkte wie diese: (Es versteht sich von selbst, dass die Erwachsenen einen groben Rahmen setzen müssen. Innerhalb von diesem spielen die Kinder so selbstbestimmt wie möglich.)

Im Rahmen der Möglichkeiten suchen die Kinder den Spielort selber aus.

Die Entscheidung, was und mit wem sie spielen wollen, wird von ihnen getroffen.

Sie suchen Material aus, legen Verlauf und Zeitdauer des Spieles fest.

Sie können sich auch einfach fürs „Nichtstun“ entscheiden.

Auf ersten Blick scheint das freie Spielen eine sehr einfache Angelegenheit zu sein. Für die Kinder selbst ist dies bestimmt auch der Fall. Die Erwachsenen sehen es oft anders: All die tollen Angebote auf dem „Freizeitmarkt“ sind durchaus verlockend und es hat für jedes Kind das scheinbar Passende. All das hat positive Seiten, aber leider auch Gefahren. Es kommt dabei nämlich leider häufig zu kurz, womit die Kinder im Überfluss gesegnet sind: die Kreativität, die es möglich macht, sich stundenlang mit einem Stück Holz und einem Stein zu beschäftigen. Wenn wir die Kinder stets mit Angeboten bombardieren, nehmen wir ihnen die Chance, sich mit sich selber auseinanderzusetzen und zu spüren, was gerade für sie wichtig und interessant ist. Wen wundert es also, dass die Kinder bereits im Kindergarten immer jemanden brauchen, der mit ihnen spielt und sie unterhält. Viele Eltern meinen es gut und wollen dem Kind so viel Zuwendung wie möglich geben; dies auch im Spiel. Wenn das freie Spielen dabei nicht zu kurz kommt, ist dies natürlich die ideale Mischung. Leider herrscht heute aber überall ein grosser Kontrollwahn, der auch in den Familien Einzug gehalten hat. Einer der möglichen Gründe dafür kann sein, dass man dem Kind mehr bieten will, als man selbst bekommen hat, so auch sehr viel Spielzeit mit ihm verbringen. Wenn sich die Kinder aber kaum mehr frei bewegen können und die Eltern auch im Spiel überpräsent sind, geht die Kreativität langsam, aber sicher unter. Das Kind verliert nach und nach die Gabe, frei zu spielen und sich zu beschäftigen. Die Langeweile macht sich breit und damit die Suche nach einfachen Unterhaltungsmöglichkeiten wie Fernseher, Computer, Play Station.

Sich der Wichtigkeit des freien Spielens bewusst zu werden, bedeutet einen ersten Schritt zum Wohle der Kinder. In guten Krippen und Kindergärten gehört die Freispielzeit fest zum Tagesablauf. Die Bedingungen dafür werden dabei optimal vorbereitet, damit die Kinder selbständig wählen und somit wertvolle Erfahrungen machen können. Auch in der Familie kann zum freien Spiel ermutigt werden. Es reicht bereits, das Kind öfter in Ruhe zu lassen, sein Spiel nicht ständig zu steuern oder auch gut gemeint zu kommentieren und da zu sein, wenn das Kind Hilfe oder Unterstützung braucht und dies auch selber signalisiert. Eltern halten sich aktiv zurück und betrachten das Kind mit Liebe und Bewunderung, wenn es in seiner kreativen Welt unterwegs ist. Das Kind verschickt dabei die Einladung und entscheidet, ob wir Erwachsenen mit auf die Reise kommen.