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SBB prüft neue Verbindungen für Nachtzüge

DMZ - WIRTSCHAFT - Patricia Jungo ¦

#mittellaendische ¦

 

Die SBB will neue Nachtzugverbindungen einführen. Laut Mitteilung ist dies jedoch erst in zwei bis drei Jahren und in Zusammenarbeit mit den Österreichischen Bundesbahnen ÖBB realisierbar. Armin Weber, Leiter internationaler Personenverkehr der SBB kündigte gegenüber „10vor10“ an, die SBB sähe den Bedarf im Markt und prüfe daher die Möglichkeiten zum erneuten Ausbau des Nachtzugverkehrs. Diese Mitteilung kam eher überraschend, da die SBB bis anhin von neuen Nachtzügen nichts wissen wollte. Klimadebatte und steigender politischer Druck haben möglicherweise eine Kurskorrektur in die Wege geleitet. Weber sagt, es sei noch nicht klar, auf welchen Verbindungen ein solcher Ausbau ins Auge gefasst werde. Dieser würde mit der ÖBB als Partner erfolgen. Da die SBB für den Ausbau neues Rollmaterial braucht und dessen Beschaffung zwei bis drei Jahre dauern kann, wird der nächste Fahrplanwechsel noch ohne neue Nachtzugverbindungen passieren. Die ÖBB lässt in der Tat 13 neue Nachtzüge bauen, die bis 2022 einsatzbereit sein werden. Vorgesehen sind neben modernen Liegewagen mit neuem Design und höchstens vier Betten, Schlafwagenabteilen mit Dusche und WC auch Mini-Suites für mehr Privatsphäre; kleine Ein-Bett-Abteile, vergleichbar mit Kapselhotels. Bei der ÖBB glaubt man an die Zukunft des Nachtverkehrs und will auch darin investieren. Obwohl viele dem Reiz des Luftverkehrs ausgeliefert sind, steigt doch die Nachfrage der Reisenden für den Nachtverkehr konstant. Der Gedanke des umweltfreundlichen Reisens ist indes noch nicht bei allen Fahrgästen angekommen. Pressesprecher der ÖBB Bernhard Rieder, stellt fest, dass bei Aufkommen von Billigfluglinien auf gewissen Strecken die Nachfrage nach dem Nachtzug teilweise auch wieder sinkt. Das schnellere, aber nicht immer billigere Flugzeug hat viele Wettbewerbsvorteile. Daniel Costantino, Kampagnenleiter der Umweltorganisation Umverkehr, findet diese stossend und stellt klar, dass der Flugverkehr keine Kerosinsteuer und oft auch gar keine Mehrwertsteuer auf die Tickets zahle. Beim Zug hingegen zahlten die Betreiber Energiesteuer, Trassengebühr und Mehrwertsteuer auf das Ticket. Damit die Bahnbetreiber eine wirkliche Chance haben, verlangt er eine Abgabe auf Flugtickets. Beim Zug sei der CO2-Ausstoss bis zu dreissig Mal geringer als beim Flugzeug. Nachtzüge sind eine durchaus geniale Erfindung und schon 1872 fuhren die ersten Schlafwagen von Paris nach Wien. Seit Flugzeuge schneller und häufig zu Dumpingpreisen europäische Städte miteinander verbinden, ist die Blütezeit der Nachtzüge leider auch vorbei. Nach dem Abbau des Schweizer Netzes vor 15 Jahren sind immer mehr direkte Schlafwagen verschwunden; so etwa Brüssel, Rom, Barcelona, Moskau, Kopenhagen und Amsterdam. Die SBB beendete 2009 ihren Nachtzugverkehr mit eigenen Schlafwagen, bei der Deutschen Bahn war dies im Jahre 2016. Die Österreichischen Bundesbahnen übernahmen danach einen Teil der Strecken.