Disziplinarverfahren betreffend Bundesanwalt Michael Lauber abgeschlossen

Bildquelle: SRF
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DMZ - GESETZ / RECHT ¦

 

Die Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA) hat das Disziplinarverfahren betreffend Bundesanwalt Michael Lauber abgeschlossen. Nach Durchführung der Untersuchung ist die AB-BA zur Erkenntnis gelangt, dass der Bundeswalt verschiedene Amtspflichten verletzt hat. So hat er mehrfach die Unwahrheit gesagt, illoyal gehandelt, den Code of Conduct der Bundesanwaltschaft verletzt und die Untersuchung der AB-BA behindert. Weiter fällt der Bundesanwalt durch Uneinsichtigkeit auf und zeigt im Kern ein falsches Berufsverständnis. Die Summe seiner Pflichtverletzungen ist erheblich. Als Disziplinarsanktion belegt ihn die AB-BA mit einer Lohnkürzung von 8 Prozent für die Dauer eines Jahres.

 

Am 9. Mai 2019 hat die AB-BA beschlossen, ein Disziplinarverfahren betreffend den Bundesanwalt zu eröffnen. Nachdem das Bundesverwaltungsgericht entschieden hatte, dass die AB-BA keine externen Fachpersonen mit der Untersuchung beauftragen dürfe, wurde die Untersuchung von Bundesrichterin Dr. iur. Alexia Heine, Mitglied der AB-BA, durchgeführt. Wie gesetzlich vorgesehen, wurde Bundesanwalt Lauber das rechtliche Gehör zum von der AB-BA verabschiedeten Verfügungsentwurf gewährt.

 

Die Untersuchung hat gezeigt, dass der Bundesanwalt seine Verantwortlichkeitspflichten verschiedentlich und teilweise erheblich verletzt hat. Folgende disziplinarrechtlich relevanten Amtspflichtverletzungen hat die AB-BA festgestellt:

  • In Bezug auf sein Treffen mit dem FIFA-Präsidenten Gianni Infantino vom 16. Juni 2017 hat der Bundesanwalt gegenüber der AB-BA, dem Parlament und der Öffentlichkeit mehrfach die Unwahrheit gesagt. Es ist erwiesen, dass das Treffen stattgefunden hat.
  • Entgegen Artikel 76 f. der Strafprozessordnung unterliess der Bundesanwalt die Protokollierung seiner drei nachgewiesenen Treffen mit dem FIFA-Präsidenten Gianni Infantino.
  • An den Treffen des Bundesanwalts vom 22. März 2016 und 16. Juni 2017 mit dem FIFA-Präsidenten war eine aussenstehende Privatperson anwesend. An beiden Treffen wurden verfahrensrelevante Themen besprochen. Damit wurde die Gefahr einer Amtsgeheimnisverletzung geschaffen.
  • Indem er sich nicht in einer seiner Funktion angemessenen Weise um die Verfahren innerhalb des FIFA-Verfahrenskomplexes kümmerte, verletzte der Bundesanwalt Artikel 9 des Strafbehördenorganisationsgesetzes, wonach er gehalten ist, Personal- Finanz- und Sachmittel der Bundesanwaltschaft wirksam einzusetzen.
  • Der Bundesanwalt untersteht, wie alle Angestellten im öffentlichen Dienst, einer allgemeinen Treuepflicht, zu der auch die Verpflichtung zu loyalem Handeln gehört. Entgegen dieser Pflicht hat der Bundesanwalt die AB-BA als seine direkte Aufsichtsbehörde nach Eröffnung des Disziplinarverfahrens betreffend seine Person öffentlich in Misskredit gebracht.
  • Der Bundesanwalt behinderte die Untersuchung der AB-BA, indem er persönlich direkt Einfluss auf die Behandlung der Auskunfts- und Akteneditionsbegehren der AB-BA innerhalb der Bundesanwaltschaft nahm und dafür sorgte, dass diese teilweise widerrechtlich abgewiesen und verschleppt wurden. Ohne die AB-BA davon in Kenntnis zu setzen, erteilte er den von der AB-BA aufgebotenen Auskunftspersonen im Vorfeld ihrer Einvernahmen persönlich widerrechtliche Aussageermächtigungen, indem er den Themenkreis umriss, zu dem die Auskunftspersonen gegenüber der AB-BA antworten durften. Weiter bot der Bundesanwalt den Auskunftspersonen den Beizug von Rechtsbeiständen auf Kosten der Bundesanwaltschaft an, womit diese in einen Loyalitätskonflikt gerieten. Sodann ordnete der Bundesanwalt persönlich die Übernahme der Kosten seiner eigenen Rechtsbestände durch die Bundesanwaltschaft an. Der Bundesanwalt verletzte damit den Code of Conduct der Bundesanwaltschaft (Verbot des Handelns im Interessenkonflikt).

In Bezug auf das Treffen mit dem FIFA-Präsidenten vom 16. Juni 2017 sagte der Bundesanwalt wissentlich und willentlich die Unwahrheit. Die illoyalen Handlungen des Bundesanwalts, die Verletzung der Treuepflicht, die Behinderung der Untersuchung gegenüber der AB-BA in Bezug auf die durch ihn erteilte Aussageermächtigung an Unterstellte, die Verweigerung der Herausgabe von Unterlagen sowie seine Verletzung des Code of Conduct (Verbot des Handelns im Interessenkonflikt) erfolgten in grobfahrlässiger Weise.

 

Die Nichtprotokollierung der nachgewiesenen Treffen mit dem FIFA-Präsidenten sowie die Schaffung der Gefahr der Amtsgeheimnisverletzung erfolgten durch den Bundesanwalt fahrlässig. Aufgrund der Empfehlung der AB-BA an den Bundesanwalt zur Dokumentation von Gesprächen vom 22. November 2018, die gemäss seinen Aussagen für seine Person umgesetzt sei, ist die Nichtprotokollierung dem Bundesanwalt disziplinarrechtlich nicht zurechenbar. Die Schaffung der Gefahr einer Amtsgeheimnisverletzung sowie die Verletzung von Artikel 9 des Strafbehördenorganisationsgesetzes sind aufgrund von Artikel 18 Absatz 1 der Verordnung der Bundesversammlung über die Organisation und die Aufgaben der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft teilweise als verjährt zu betrachten.

 

Bei der Bemessung der Sanktion sind der Umfang der Pflichtverletzungen und die Schwere des Verschuldens zu berücksichtigen. Dabei geht die Aufsichtsbehörde davon aus, dass von den verschiedenen Pflichtverletzungen das illoyale Verhalten und die unwahren Angaben am schwersten zu gewichten sind. Die AB-BA hat bei der Sanktionsbemessung zudem berücksichtigt, dass auch während der Disziplinaruntersuchung gravierende Pflichtverletzungen begangen worden sind.

 

Aus den aufgeführten Gründen sanktioniert die AB-BA die vorliegenden Pflichtverletzungen des Bundesanwalts mit einer Lohnkürzung von 8 Prozent für die Dauer eines Jahres. Die maximal mögliche Lohnreduktion beträgt 10 Prozent. Sanktionsmindernd fällt ins Gewicht, dass in den verfügbaren Akten keine Hinweise enthalten sind, dass der Bundesanwalt unrechtmässige Geld-, Sach- oder Personaldienstleistungen empfangen hat.

Gegen den Entscheid der AB-BA kann der Bundesanwalt innert 30 Tage beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde erheben.

 

Zur AB-BA:

Die unabhängige Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA) umfasst als Kollegialbehörde sieben von der Vereinigten Bundesversammlung für die Dauer von vier Jahren gewählte Mitglieder. Gemäss Gesetz setzt sich die AB-BA aus einer Bundesrichterin, einem Bundesstrafrichter, zwei Anwaltspersonen und drei Fachpersonen zusammen. In ihrer Tätigkeit werden die Mitglieder der AB-BA von einem ständigen Sekretariat unterstützt.

 

 

 

 

Quelle: Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft

http://www.ab-ba.ch                         


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