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Vorwürfe wegen Corona - Bill Gates plagt das schlechte Gewissen

Bill Gates macht sich selbst Vorwürfe (Foto: Ben Fisher/GAVI Alliance)
Bill Gates macht sich selbst Vorwürfe (Foto: Ben Fisher/GAVI Alliance)

DMZ – INTERNATIONAL ¦

 

Seit Jahren warnt Bill Gates vor den Folgen einer Pandemie. Nun plagt den Microsoft-Gründer das schlechte Gewissen: Er findet, er hätte mehr tun müssen. Auch zu seinen Kritikern äussert er sich.

Rückblickend findet Bill Gates, er hätte mehr tun sollen, um die Welt vor den Gefahren einer Pandemie zu warnen. In einem Interview mit dem "Wall Street Journal" sagte er, er "fühle sich schrecklich".

 

Bereits vor fünf Jahren hatte der Microsoft-Gründer gesagt, dass die grösste Gefahr für die Welt nicht von einem Krieg, sondern einer Pandemie ausginge. Jetzt wünsche er sich, er hätte dem mehr Nachdruck verliehen. "Der Grund, überhaupt darüber zu sprechen, war ja, dass wir Massnahmen ergreifen und den Schaden minimieren können."

 

"Das ist eine gefährliche Mischung"

Seit Jahren investiert die Stiftung von Bill und Melinda Gates mehrere Hundert Millionen Dollar in die Forschung von Impfstoffen und arbeitet mit Pharmaunternehmen und Regierungen zusammen. Immer wieder forderte er Staats- und Regierungschefs dazu auf, eine Verteidigungsstrategie gegen neue Infektionskrankheiten aufzubauen. Trotzdem blieben die Bemühungen der Welt, die Verbreitung des Corona-Ausbruchs zu verhindern, hinter dem zurück, "was man idealerweise getan hätte", so der 64-Jährige.

 

Jetzt sei die Schwierigkeit, in der Krise einen neuen Impfstoff herzustellen. "Jeden Tag heisst es, okay, gehen uns die Glasfläschchen aus?", sagt Gates. "Man könnte denken, dass das ein einfacher Teil davon ist, aber niemand hat jemals sieben Milliarden Dosen eines Impfstoffes hergestellt." In Interviews und auf seinem Blog hat der Milliardär immer wieder erklärt, warum Ausgangsbeschränkungen sinnvoll seien, um die Verbreitung des Virus zu verlangsamen. Bereits im Februar hatte Gates in einem Zeitungsbeitrag gewarnt, Covid-19 habe begonnen, sich "sehr stark wie der einmalige Erreger eines Jahrhunderts zu entwickeln, über den wir uns immer Sorgen gemacht haben".

 

Gates verteidigt sich gegen Kritiker

Kritiker werfen der Stiftung vor, durch ihre finanziellen Mittel würden sie in einigen Fällen entscheiden, welche Krankheiten Vorrang haben und wie sie zu bekämpfen seien. Gates verteidigt sich: "Wir geben nur unser Geld aus und teilen unsere Meinung. Am Ende des Tages treffen wir aber nicht die Entscheidungen." Das Virus sei das Dramatischste, was er je in seinem Leben gesehen habe.

Auch in Deutschland häufen sich kritische Stimmen, die Gates vorwerfen, zu den grössten Finanziers der World Health Organisation (WHO) zu gehören und dadurch Einfluss auf deren Handeln zu nehmen. Nach den USA, die die Zahlungen für die WHO eingestellt haben, war die Gates Foundation der zweitgrösste Geldgeber. Im Jahr 2018/19 flossen 367,7 Millionen Dollar in deren Projekte.

  

Verschwörungsmythen: Die Gefahr des Coronavirus

Impfgegner, Rechtsextreme, Esoteriker und Reichsbürger: diese unterschiedlichen Strömungen am gesellschaftlichen Rand könnten durch die Krise geeint werden und das birgt eine Menge Gefahren in sich, warnen Experten.

Ein Mythos rund um Corona unter dem sich verschiedene Verschwörungsideologien vereinen: Die Erzählung um Bill Gates.

"Wenn in den nächsten Jahrzehnten etwas über zehn Millionen Menschen tötet, dann wird es kein Krieg sein, sondern ein hochansteckender Virus." Das hat Bill Gates bei einem Auftritt im Jahr 2015 gesagt und damit vor so etwas wie dem Coronavirus warnen wollen. Der Milliardär hat allerdings nicht nur auf die Gefahr aufmerksam gemacht, sondern gibt mit seiner Frau über die gemeinsame Stiftung viel Geld für den Ausbau globaler Gesundheitssysteme und für die Suche nach Impfstoffen aus. Doch genau diese Warnung und die Suche nach einer Lösung machen ihn in der aktuellen Pandemie zum Ziel eines internationalen Verschwörungsmythos – und der hat auch noch das Potenzial Milieus miteinander zu vereinen, die zuvor weniger gemeinsam hatten: Von Rechtsextremen oder Reichsbürgern bis hin zu Esoterikern und Impfgegnern.

 

Für Verschwörungstheoretiker ist Gates mittlerweile zu so etwas wie einem Feindbild in der Corona-Krise geworden. Ihnen zufolge soll er die Pandemie bewusst ausgelöst haben und wolle so die Menschheit kontrollieren.

 

Weltweit sind mehr als vier Millionen Menschen mit Corona infiziert, mehr als 280.000 Menschen starben an dem Virus. Die USA zählen mit 80.000 die meisten Todesopfer. Bisher stellte die Gates Foundation 305 Millionen US-Dollar für die Suche nach Impfstoffen dagegen sowie für die Beschaffung von Medikamenten und Hilfsgütern für ärmere Länder bereit. Bevor die Pandemie vorbei ist, "werden wir noch viel mehr ausgeben", glaubt Gates.

 

Corona-Krise als Katalysator für Verschwörungsmythen

Die Corona-Krise wirkt wie ein Katalysator auf Verschwörungsideologien. Beobachter registrieren einen großen Zulauf für Kanäle, die solche Mythen verbreiten. Alte Erzählungen werden durch Corona aktualisiert und entwickeln so eine große Dynamik. "Es ist gerade eine sehr chaotische Situation. Menschen werden mit Ängsten konfrontiert. Sie wissen nicht, wie es weitergeht. Also da sind ganz viele ungewisse Faktoren, und die können auf jeden Fall einen Einfluss darauf haben, wie stark Menschen auch an Verschwörungen glauben", sagt die Sozialpsychologin Pia Lamberty. "In solchen Situationen fühlen sich Menschen machtlos. Sie haben das Gefühl, sie haben keine Kontrolle." Der Glaube an Verschwörungen können erst mal das Leben wieder strukturieren. Denn "es gibt den bösen Verschwörer und die, die scheinbar die Wahrheit sehen. Das gibt erst mal scheinbaren Halt." 

 

Besonders im Fokus der Verschwörungserzählungen: Bill und Melinda Gates. Sie hätten "inzwischen mehr Macht als Roosevelt, Churchill, Stalin und Hitler seinerzeit zusammen", behauptet der bekannte Verschwörungsideologe Ken Jebsen in einem Video. Mit dieser Macht wolle das Ehepaar der ganzen Welt diktieren, wie man zu leben habe.

"Bill Gates sagt ganz offen, er will die Bevölkerungsexplosion mit Impfungen reduzieren", behauptet der Impfgegner und Heilpraktiker Rüdiger Dahlke. Der Microsoft-Gründer wolle alle Menschen zwangsimpfen lassen – und zwar mit einem in seinem Unternehmen produzierten Impfstoff. Mit so einer Spritze werde dann auch gleich noch ein Überwachungschip eingepflanzt. Laut solchen Verschwörungserzählern sei das Ziel von Gates: Mehr Macht, mehr Geld, sie sprechen von einer "Gates-Diktatur".

 

Realität: Gates spendet viele Milliarden an WHO

Dabei sieht die Realität ganz anders aus. Bill Gates spendet seit vielen Jahren über seine Stiftung viele Milliarden an die WHO und gehört zu ihren grössten Geldgebern. Außerdem finanziert seine Stiftung mehrere Impfstoff-Projekte. "Bill Gates ist bereits seit langem in dieser Szene als Feindbild deklariert", erklärt Rechtspopulismus- und Netz-Experte Miro Dittrich von der Amadeu-Antonio-Stiftung. Der Milliardär stehe symbolisch für die Elite und "ist auf jeden Fall ein grosser gemeinsamer Nenner" für die unterschiedlichen Strömungen.

Rechtsextreme und Impfgegner teilen auf ihren Kanälen diesen Mythos. Das führt sogar dazu, dass sie gemeinsam auf die Strasse gehen, wie die jüngste Hygiene-Demo in Berlin und Veranstaltungen in Leipzig gezeigt haben.

 

Teile der AfD verbreiten Gates-Verschwörungsmythos

Auch Teile der AfD verbreiten diese Verschwörungserzählung: "Und was ist der Plan? Denkt mal nach. Bill Gates war bei uns zur besten Sendezeit im Fernsehen. […] Die haben diese Familienstiftung und geben dann 300, 400 Millionen Euro pro Jahr in Gesundheitsprojekte der WHO hinein. Und dann schließt sich der Kreis, so der AfD-Landtagsabgeordnete in Sachsen-Anhalt, Robert Farle, vor kurzem auf einer Demonstration der Alternative für Deutschland in Magdeburg. "Und diese WHO hat aus dieser Grippewelle eine Pandemie gemacht über Nacht Mitte März. Und dann liefen weltweit die ganzen Shutdowns an. Und das ist kein Zufall, weil Bill Gates will uns damit beglücken, dass er dann das große Geschäft macht mit den Zwangsimpfungen, die er anstrebt."

Applaus bekam Farle von rund 150 Teilnehmern der Demo auch für seine Ankündigung: "Wir lassen uns von solchen Leuten nicht zwangsimpfen. Und wir sind auch keine Versuchskaninchen für Multimilliardäre, die weltweit milliardenfach Impfstoffe verkaufen wollen." Auch der AfD-Kreisverband Landkreis Leipzig teilt auf seinem Facebook-Profil verschwörungsideologische Posts und bewirbt Kanäle, die derartige Inhalte verbreiten.

 

 

Die Mischung von diversen Strömung, die sich in ihrem Glauben an die vermeintliche Verschwörung hinter der Pandemie einig sind, birgt eine grosse Gefahr, warnt Experte Dittrich: "Es ist dann ein bisschen wie eine Sekte." Es entstehe eine Art kollektiver Wahn, in dem man sich gegenseitig bestärke. "Man sieht deutlich, dass bei diesen ganzen Corona-Rebellen und Widerständlern auf dem Telegram-Messenger, dass dort die Rechtfertigung für Gewalt steigt", sagt Dittrich. Immer Menschen äusserten dort: Wir müssen jetzt Gewalt anwenden.

 

 

 

Quellen: ntv.de, vmi


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