Im Verfahren gegen «Blick» erhält Jolanda Spiess-Hegglin recht

DMZ – GESETZ / RECHT ¦ AA ¦

KOMMENTAR

 

Die Berichterstattung des «Blick» ist also, auch rechtlich, ein Eingriff in die Intimsphäre von Jolanda Spiess-Hegglin. Etwas, was jeder vernunftbezogene Mensch bereits seit Anbeginn dieser katastrophalen Geschichte wusste. Dies stellt nun das Zuger Kantonsgericht im heute veröffentlichten Urteil fest.

«Krasser Eingriff in die Intimsphäre», heisst es im Urteil. Der Blick verliert vor Gericht gegen die ehemalige Zuger Kantonsrätin Jolanda Spiess-Hegglin und muss sich erstmals für das Fehlverhalten und die verwerfliche Art des „Journalismus“ verantworten. Zumindest teilweise.

 

Die Persönlichkeit von Frau Spiess-Hegglin sei durch die Berichterstattung schwer verletzt worden.

 

Es ist sicherlich auch für Frau Spiess-Hegglin und andere Medien-Opfer der Vergangenheit eine Genugtuung in der Schweizer Presse zu lesen, dass der Zürcher Ringier-Verlag gegen die ehemalige Zuger Kantonsrätin der Grünen, vor dem Zuger Kantonsgericht eine herbe Niederlage erlitten hat. Und zwar hat das Gericht konkret wegen einer schweren Persönlichkeitsverletzung verurteilt. 

 

Eine Zeitung, die mit ihrer „üblichen“ und „negativen“ Berichterstattung leider bereits bis runter in kleinste Provinzblätter ihre Blüten getragen hat.

 

Urteil des Zuger Obergerichts

Die Zeitung «Blick» hat die Persönlichkeit der ehemaligen Politikerin Jolanda Spiess-Hegglin verletzt. Zu diesem Urteil kommt nach dem Kantonsgericht auch das Zuger Obergericht.

Das Gericht verpflichtet den Verlag Ringier, zu welchem der «Blick» gehört, Spiess-Hegglin eine Genugtuung von 10’000 Franken zu zahlen. Formell entschuldigen muss sich der «Blick» nicht, der Ringier-CEO tut es dennoch.

 

Nach dem Zuger Kantonsgericht gibt auch das Obergericht der ehemaligen Kantonsrätin Jolanda Spiess-Hegglin recht: Die Nennung ihres Namens und die Publikation von Fotos in einem Artikel 2014 sei ein schwerwiegender Eingriff in die Persönlichkeit der Klägerin und mit nichts zu rechtfertigen.

 

Artikel inzwischen gelöscht

Beim Prozess ging es um einen Artikel, den der «Blick» am 24. Dezember 2014 publiziert hatte. In diesem zeigte das Boulevardblatt die damaligen Zuger Kantonsratsmitglieder Jolanda Spiess-Hegglin (Grüne) und Markus Hürlimann (SVP) mit Namen und Bild und titelte: «Sex-Skandal um SVP-Politiker: Hat er sie geschändet?»

 

Im Mai 2019 urteilte bereits das Zuger Kantonsgericht, dass die Berichterstattung des «Blick» ein Eingriff in die Intimsphäre von Spiess-Hegglin und somit widerrechtlich gewesen sei.

Die Ringier AG legte Berufung ein und pochte auf Abweisung der Klage. Da das Kantonsgericht Spiess-Hegglins Forderung nach einer Entschuldigung des «Blick» ablehnte, zogen auch sie und ihre Anwältin das Urteil weiter. Doch auch das Obergericht verpflichtet Ringier nicht, eine Entschuldigung zu veröffentlichen. Dies müsste freiwillig geschehen.

 

Ringier-CEO entschuldigt sich

Entsprechend will sich Ringier-CEO Marc Walder nun sowohl öffentlich als auch persönlich entschuldigen. In einem «Blick»-Artikel schreibt er: «Wir bedauern, dass Jolanda Spiess-Hegglin unter anderem aufgrund unserer Berichterstattung verletzt wurde und entschuldigen uns dafür aufrichtig.» Es sei nie die Absicht gewesen, mit der Berichterstattung Leid zu verursachen, so Walder. Er entschuldige sich im Namen der gesamten Ringier AG und damit auch im Namen des «Blick» und dessen Chefredaktor Christian Dorer.

 

Weitere Klage ist hängig

Spiess-Hegglin zeigt sich mit dem Urteil zufrieden. «Das Urteil ist wahnsinnig deutlich ausgefallen, und das macht mich absolut glücklich», sagt sie gegenüber SRF News. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und kann noch ans Bundesgericht weitergezogen werden.

Ebenfalls noch hängig ist eine Zivilklage Spiess-Hegglins gegen Ringier wegen allfälliger Gewinnherausgabe. Dabei könnte es um mehrere Hunderttausend Franken gehen.

 

Es ist zu hoffen, dass sich Dank dem Engagement, dem Mut und dem übermenschlich anmutenden Durchhaltewillen von Frau Spiess-Hegglin trotz allen Anfeindungen weiter zu machen, nun in der Medienwelt grundlegend etwas ändert: Z.B., dass es sich bei den verurteilten und verunglimpften, verleugneten und letztlich vernichteten „Objekten“ um Menschen handelt. Empathie gehört auch in die Medienwelt. All die Schreiberinnen und Schreiber sollten sich nicht nur schämen, sondern ernsthaft dankbar sein, dass sie für ihr Verbrechen nicht persönlich den Kopf hinhalten müssen.

 

Ein riesiges Dankeschön an Frau Jolanda Spiess-Hegglin und ihre Familie, ihr Umfeld, ihre Unterstützerinnen und Unterstützer und an das hervorragend agierende Gericht, welches in diesem Fall nicht zuliess, dass Goliath das Recht verbiegt und David zum Sieger erklärt hat.


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