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Es gibt laut Studie keinen Beleg, dass Vitamin-D eine Wirkung gegen Covid-19 hat

DMZ –  WISSENSCHAFT ¦ Anton Aeberhard ¦

 

Mit dem "Sonnenhormon" Vitamin D Corona bekämpfen - das klingt verlockend. Für die Wirksamkeit einer solchen Vitamin-Gabe gebe es aber keine Beweise, sagen Experten. Seit Beginn der Pandemie wabern Thesen durchs Netz, wonach die ergänzende Einnahme von Vitamin D einen zusätzlichen Schutz vor Covid-19 bieten könnte. Nun hat die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) die Studienlage diesbezüglich geprüft und kommt zur Einschätzung: Die Daten reichen nicht aus, um eine eindeutige Ursache-Wirkungs-Beziehung nachzuweisen. Deshalb könne eine Einnahme von Vitamin-D-Ergänzungsmitteln nicht pauschal empfohlen werden.

 

Vitamin D ist der übergeordnete Begriff für eine Gruppe fettlöslicher Vitamine, die Calciferole. Zu den wichtigsten Formen gehören Vitamin D2 (Ergocalciferol) und Vitamin D3 (Cholecalciferol).

Die bekannteste Funktion von Vitamin D ist die Beteiligung am Knochenstoffwechsel. So fördert Vitamin D unter anderem die Aufnahme (Resorption) von Calcium und Phosphat aus dem Darm sowie ihren Einbau in den Knochen. Es nimmt damit eine Schlüsselrolle bei der Knochenmineralisierung ein.

Darüber hinaus ist Vitamin D an weiteren Stoffwechselvorgängen, bei der Bildung von Proteinen beziehungsweise der Steuerung einer Vielzahl von Genen beteiligt. Dies ließ in den vergangenen Jahren die Vermutung zu, dass Zusammenhänge zwischen der Vitamin-D-Versorgung und chronischen Krankheiten bestehen und damit gleichzeitig neue Präventionsmöglichkeiten entdeckt werden könnten. Im Hinblick auf Bluthochdruck, Diabetes mellitus Typ 2 sowie kardiovaskulären und Krebskrankheiten konnten zwar Zusammenhänge in Beobachtungsstudien gefunden werden, bislang jedoch keine Beweise für kausale Beziehungen.

 

Anders als andere Vitamine kann der Körper Vitamin D selbst bilden – und zwar durch das Sonnenlicht, genauer UV-B-Strahlung bestimmter Wellenlängen. Dabei ist ein Aufenthalt im Freien nötig, denn die UV-B-Anteile können nicht durch Fensterscheiben dringen. Die Ernährung – etwa mit fettem Seefisch, Innereien, Pilzen oder Eiern – trägt einen relativ geringen Anteil zur Vitamin-D-Versorgung bei (etwa 10 bis 20 Prozent).

 

Zur Einnahme von Vitamin-D-Präparaten wird nur geraten, wenn tatsächlich eine Unterversorgung vorliegt, also wenn ein zu niedriger Wert nachgewiesen ist und man einen besseren Wert nicht durch Aufenthalte in der Sonne sowie durch Ernährung erreichen kann. Wer ohnehin genug Vitamin D hat, profitiert wahrscheinlich nicht von zusätzlichen Pillen. Vielmehr kann man Vitamin D auch überdosieren und damit unerwünschte Nebenwirkungen provozieren, etwa Nierensteine, Nierenverkalkungen sowie Störungen des Herz-Kreislauf-Systems.

 

Zusammenhang von Vitamin D und schweren Covid-Verläufen

Die DGE-Experten hatten Dutzende Studien und Beobachtungen aus verschiedenen Ländern begutachtet. Zwar lasse sich tatsächlich ein Zusammenhang zwischen einem niedrigen Vitamin-D-Spiegel und einem erhöhten Risiko für eine Sars-CoV-2-Infektion mit einem schweren Krankheitsverlauf vermuten, heisst es in der aktuellen DGE-Fachinformation zum Thema (Stand: 11. Januar 2021). Dennoch ist das Fazit der Ernährungswissenschaftler: »Derzeit liegen keine Argumente vor, die eine Supplementation von Vitamin D bei Personen mit adäquatem Vitamin-D-Status mit dem Ziel der Prävention einer Sars-CoV-2-Infektion oder der Verringerung des Schweregrades einer Covid-19-Erkrankung begründen können.«

 

Die Frankfurter Virologin Sandra Ciesek erläuterte im Corona-Podcast des NDR , das Risiko für einen Vitamin-D-Mangel steige generell bei Menschen, die sich selten im Freien aufhalten. Das gelte zum Beispiel bei chronisch Kranken oder Pflegebedürftigen, die vielleicht auch nicht mehr ausgewogen essen können. Genau diese Gruppe gilt aber auch als besonders Covid-19-gefährdet.

 

Martin Smollich vom Universitätsklinikum Schleswig-Holstein kritisiert, dass ein niedriger Vitamin-D-Spiegel oft als Ursache einer Covid-19-Erkrankung herangezogen wird, nicht aber als Folge. Denn die Erkrankung schwächt das Immunsystem und lässt den Vitamin-D-Spiegel bei einer akuten, schweren Infektion kurzfristig drastisch absinken.

 

In Deutschland haben wenige Menschen einen Vitamin-D-Mangel, aber viele einen suboptimalen Wert. Also einen Blutwert, der unter dem Optimum liegt, aber noch nicht in einem Bereich, der als schädlich bewertet wird.

Auch dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) sind derzeit keine Studien bekannt, die belegen, dass die Einnahme von Vitamin-D-Präparaten vor einer Infektion mit dem Coronavirus oder vor einer Erkrankung schützt.


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