RRRrrrr Renners Rasende Randnotiz - Ein Strauss duftender Rosen

Alon Renner (Potrait von Olivia Aloisi)
Alon Renner (Potrait von Olivia Aloisi)

DMZ – KOLUMNE ¦ Alon Renner ¦

 

A rose is a rose is a rose. (Gertrude Stein) Herzlich willkommen zu meiner neuen Kolumne. Heute dreht sich alles um die schönste Blume der Schöpfung. Anlässlich des kommenden Valentinstags überreiche ich Euch die Kulturgeschichte der Rose als duftenden Strauss.

 

Heilige, Heilende und Hure, vollkommene Schönheit und widerborstiger Wildfang, die Pforte zur Lust und die geweihte Begleiterin der Muttergottes – die Rose ist Rilke zufolge „reiner Widerspruch“. Sie ist so zart wie die Stimme von Billie Eilish und doch können ihre Dornen einen das Fürchten lehren. Sie gibt sich zerbrechlich und ist gleichzeitig strotzend vor Kraft, sie ist schnell vergänglich, jedoch vielfältig und artenreich, so dass Goethe seine Lieblingspflanzen gelegentlich „die Lüderlichen“ nannte. Seit 25 Millionen Jahren bevölkert sie die Erde und begleitet uns am Wegesrand der Menschheit. Auf Gräbern und in Geburtshäusern, in Schlossgärten und neben Autobahnen, auf Büchern und Schallplattenhüllen. Die Rosenliebe der Menschen, die längste Liebesbeziehung der Kulturgeschichte, hat überall ihre Spuren hinterlassen – sowohl auf Häusern, Gemälden, Wappen, Briefmarken, Geschirr als auch in Mythen und Geschichten. Keine Pflanze ist den Menschen so nah wie diese Venus im Dornenkleid; keine ist Symbolfigur von so vielfältiger Bedeutung.

 

Bereits vor viereinhalbtausend Jahren hielten die Rosen im Chinesischen Kaiserreich Einzug ins tägliche Leben. Sie wurden als Zierpflanzen genutzt und in Gärten kultiviert. Diese chinesischen Rosen, die öfters im Jahr blühten, beeinflussten in den folgenden Jahrhunderten die Rosenzucht Europas und der ganzen Welt. In Ägypten reichen die ersten Zeugnisse bis ins Jahr 1200 v.Chr zurück. Die alten Ägypter weihten die rote Rose um dreihundert vor Christus ihrer Göttin Isis. Auch in ihrem Totenkult spielte die Pflanze eine wichtige Rolle. So wuschen sie ihre Verstorbenen mit Rosenwasser und als Grabbeigabe wurde sie der Totengruft beigefügt. Über Ägypten gelangte sie nach Griechenland und ins Römische Reich. In der griechischen Antike erhielt die Rose ihren Beinamen "Königin der Blumen" durch die Dichterin Sappho (600 v. Chr.), den sie bis heute beibehalten hat. Zu dieser Zeit erlebte sie eine rasche Verbreitung und wurde von der Bevölkerung sehr verehrt. Viele griechische Städte bekränzten ihre siegreichen Soldaten bei ihrer Heimkehr mit Rosen. Daher durfte sie auch in der griechischen Götterwelt nicht fehlen. So zollte sie ihr Attribut an Eros, dem «Gott der erotischen Leidenschaft» und Aphrodite, der "Göttin der Liebe, der Schönheit und der sinnlichen Begierde» und steht noch bis heute für Prächtigkeit, Glück, Leidenschaft und Liebe. Von Griechenland aus erreichte sie über die verschiedensten Handelswege die Länder Europas.

 

Kaum war sie im römischen Reich angekommen, avancierte sie schnell zu einem äußerst beliebten Luxusartikel. Die Römer rieben sich bei ihren ausschweifenden Orgien gern mit Rosenöl ein, die Wege zu den reich gedeckten Tafeln waren mit einem Teppich aus Rosen versehen und gerne wurde der Inhalt der Weingläser mit Rosenblättern verziert. Besonders Kaiser Nero huldigte die "Königin der Blumen". Legendär ist sein Festmahl "sub rosa", das ausschweifend in seinem vergoldeten und mit Marmorplatten verkleideten Palast in Rom gefeiert wurde, während es Rosenblüten von der Decke regnete. Der Höhepunkt des Festmahles war ein Bad in Rosenwasser und kredenzter, eigens für den Anlass hergestellter, Rosenwein. Seither bedeutet «sub rosa»: «unter dem Siegel der Verschwiegenheit». Oder soviel wie «What happens in Vegas, stays in Vegas». Lustigerweise enthält auch das Schnitzwerk vieler Beichtstühle Rosen als Symbol der Verschwiegenheit. Dem Priester wird das Anvertraute «sub rosa» also «streng vertraulich» mitgeteilt.

 

Im Mittelalter wurde sie Bestandteil des religiösen Glaubens und zum Symbol des Christentums. Das am meisten verbreitete Gebet der Katholischen Kirche ist der Rosenkranz mit der gleichnamigen Gebetsschnur. Die weiße Rose steht hier für die Reinheit der Jungfrau Maria, die Rote für das Leiden und das Sterben Jesus. Gleichzeitig ließ der Glaube der Menschheit auch einige Mythen über die Blume aufkommen. So glaubten zur damaligen Zeit die Menschen, dass die Sorte der Weinrose, die Rosa rubiginosa, aus einem Blutstropfen Christi wuchs und dieser wiederum aus der Dornenkrone des gekreuzigten Jesu stammte. Im Mittelalter hielt die Rose aber auch ihren Einzug als Heilpflanze in viele Klostergärten und sie fand Verwendung in der Küche. Als Medikament entfaltet sie ihre Heilkraft vor allem bei Menstruations- und Wechseljahrsbeschwerden. Und als duftende Leckerei lässt sich aus ihren Blüten Zucker und Sirup gewinnen. Auch kann man sie kandieren oder trocknen und als Tee nutzen, Gelee und Butter herstellen oder den gewonnenen Sirup einer Marzipanmasse beigeben.

 

Durch die Seefahrer, allen voran die englischen und holländischen, gelangten im 16. und 17. Jahrhundert die ersten Rosen aus dem fernen Osten nach Europa. Damit wurde die Grundlage für die europäische Zucht gelegt. Heimische Wildrosen wurden mit den chinesischen und persischen Sorten gekreuzt. Richtig aktiv wurden die Züchter aber erst ab dem 18ten Jahrhundert. Zu jener Zeit war Kaiserin Josephine, die Gattin von Napoleon I., eine grosse Verehrerin der Gartenbaukunst, eine besessene Floristin und eine Verfechterin des dieswöchigen Kolumnenthemas. Unter ihrer Führung entstand rund um das Chateau Malmaison, in Rueil-Malmaison, westlich von Paris, ein eigentliches «Rosarium». Ein botanischer Garten mit dem Schwerpunkt der Sammlung und Züchtung seltener Rosenarten. Nach ihrem Tode wuchsen in ihrem Schlosspark über 250 verschiedene Typen. Durch intensives Züchten und Forschen entwickelte sich die Blume in den darauffolgenden Jahrzehnten unaufhaltsam weiter. Es entstanden die berühmten Rosengärten L`Hay-les Rose und Bagatelle in Paris, Queen Marys Rosegarden in London und das Rosarium in Sangerhausen unweit von Magdeburg, mit der größten Sammlung der Welt.

 

Der Anbau in Bulgarien zur Rosenölgewinnung in großem Stil geht auf die Zeit um 1700 zurück. Das aus den Kronblättern gewonnene Rosenöl ist ein wichtiger Grundstoff der Parfumindustrie.

Aber auch im Bereich des Emblems, d.h. des (Familien) Logos hielt die Rose ihren Einzug auf Wappen, Bannern und verschiedenen Münzen. Besonders in England wurde sie durch die zahlreichen Rosenkriege (1455 – 1485) zwischen den Adelsgeschlechtern des Hauses Lancaster gegen York bekannt. Beide Häuser trugen die Rose in ihrem Wappen. Die rote Rose stand für das Haus Lancaster und die weiße Rose für das Haus York. Die Rose aus roten und weißen Blütenblättern, die Tudor-Rose, steht für die Aussöhnung beider Geschlechter. Schon bald danach wurde die Rose in England zur Nationalblume erklärt. Heutzutage ziert die Rose sowohl das Logo der sozialistischen und sozialdemokratischen Parteien aller Herren Länder als auch beispielsweise dasjenige der Kosmetikmarke Lancome und des Fussballclubs Manchester City.

Aus botanischer Sicht besitzen Rosen keine Dornen sondern Stacheln. Denn Stacheln lassen sich leicht vom Stiel lösen, was bei ihnen der Fall ist, während Dornen fest mit dem Trieb verwachsen sind.

Rosen werden zu der weitverzweigten Familie der Rosaceae gerechnet. Zu der ebenso der Apfel, die Kirsche, die Brombeere und die Birne gehören. Die Rosenblätter können aus drei bis hin zu mehr als fünfzehn Blättchen bestehen. Ursprünglich hatten nahezu alle Arten fünf Blütenblätter, aber einige Sorten haben heute mehr als hundert. Denn die Züchter arbeiten ständig daran, deren Zahl zu erhöhen. Warum dies so ist? Je mehr Blütenblätter eine Blume enthält desto stärker ist ihr Duft. Es gibt Arten wie die Weinrose, bei der sogar das grüne Laub duftet. Rosen bringen zudem Früchte hervor: die Hagebutten. Die Hagebutten sind entweder nackt, besitzen Haare oder sogar Stacheln. Sie sind rot, orange, braun und manchmal sogar schwarz. Die meisten Rosensorten blühen heutzutage mehrmals. Und die Wissenschaft von den Rosen wird als Rhodologie bezeichnet.

 

Die moderne Rose ist ein Bastard. Und fremdländisch. Und gehört eigentlich gar nicht hierher. Denn die alte Rose, die es immer schon gab, seit Jahrhunderten, über die man im Mittelalter Gedichte verbreitete und die in Adelswappen auftauchte, diese blühte nur einmal, im späten Frühjahr, zu Beginn des Sommers und hatte nur Farbtöne zwischen weiss oder rot. Erst durch die Einfuhr der chinesischen und japanischen Rosenarten aus dem fernen Osten ist das entstanden, was wir heute unsere Gartenrosen nennen. Was dies gebracht hat? Die heutigen Rosen, blühen mehrfach und weisen ganz andere Farbtöne auf. Denn importiert wurde: die Farbe Gelb! Und durch die Kreuzung mit Weiss und Rot konnte man allerlei neue Farben züchten. Auch sind sie grösser, klüger, schöner und länger geworden. Und sehen edler aus. Einzig: Da die alten europäischen Rosenarten einen viel intensiveren Duft aufwiesen, verloren die neuen Sorten temporär ihren Geruch. Temporär, weil ein findiger Züchter auf die Idee kam, sie rück zu kreuzen. Und siehe da, ihr Duft war gerettet.

Heute können Liebhaber zwischen mehr als 30 000 Rosensorten wählen.

 

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Da der Valentinstag vor der Tür steht, kommt hier eine Playlist mit den schönsten Songs die je über Rosen geschrieben wurden. Und ein Filmtipp.

 

Netflix: Die unglaubliche Geschichte der Roseninsel

 

Nick Cave & Kylie Minogue – Where The Wild Roses Grow

https://www.youtube.com/watch?v=lDpnjE1LUvE

Edith Piaf: La vie en rose

https://www.youtube.com/watch?v=kFzViYkZAz4

Hildegard Knef: Für mich, soll’s rote Rosen regnen.

https://www.youtube.com/watch?v=z_K_w1Yb5Yk

Nat King Cole: Ramblin Rose

https://www.youtube.com/watch?v=mae_NJ_12sc

The Zombies – A Rose for Emily

https://www.youtube.com/watch?v=gs-bVMs1LKU

Johnny Cash – Give My Love to Rose

https://www.youtube.com/watch?v=D1LBKTONZ0M

Nina Simone – The Last Rose of Summer

https://www.youtube.com/watch?v=0EOPeDVTLcU

Lynn Anderson – I never promised you a Rose Garden

https://www.youtube.com/watch?v=KXHsWBKKNbI

Seal – Kiss from a Rose

https://www.youtube.com/watch?v=AMD2TwRvuoU

Sting – Desert Rose

https://www.youtube.com/watch?v=C3lWwBslWqg

Michael von der Heide & Kuno Lauener – Where The Wild Roses Grow

https://www.youtube.com/watch?v=6ezBGZ_CFuk

Bligg – Rosalie

https://www.youtube.com/watch?v=5S3G3c_paUk

 

 


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