Text und Musik quasi Arm in Arm

DMZ –  KULTUR ¦ Urs Heinz Aerni ¦                                     

 

Ruedi Häusermann legt mit seinem Trio und dem Schauspieler Herwig Ursin einem fast vergessen gegangenen Schriftsteller den Roten Teppich aus und erklärt, warum.

 

Urs Heinz Aerni: Ruedi Häusermann, sie bringen Texte von Daniil Charms, ein russischer Schriftsteller, der 1942 in Leningrad, also St. Petersburg verstarb. Lange vergessen, heute wieder ein Name mit Kultstatus. Wie sind Sie denn auf ihn gestoßen?

Ruedi Häusermann: Daniil Charms war unter den Theaterschaffenden schon immer ein Geheimtipp. Vor ein paar Jahren habe ich dann am Staatstheater Hannover einen grossen Charms-Abend inszeniert, mit dem Titel: «Es ist gefährlich über alles nachzudenken, was einem gerade einfällt». Da hat Herwig Ursin, der im LaMarotte auch dabei ist, die Hauptrolle gespielt.

 

Aerni: Sie kombinieren ihr Jazz-Trio mit Szenischer Lesung. Wie würden Sie Ihre Arbeit beschreiben, die Musik mit Texten der Skurillität und Abgründen zu verbinden?

Häusermann: Bei uns geht es nicht um die Vertonung von Charms-Texten. Die brauchen keine Vertonung, die sind in sich selbst schon eine. Es ist eine gemeinsame Sicht auf des Leben, die uns zusammen geführt hat. Eine gemeinsame Haltung.

 

Aerni: Verständlicherweise muss das Publikum für den Besuch Ihres Kammer-Musiktheaters nicht die Bücher von Daniil Charms gelesen haben aber man kann diese literarische Stimme auf diese Weise entdecken. Warum soll er heute wieder gelesen werden?

Häusermann: Auch wenn man das Werk von Charms nicht kennt, wird man an unserem Abend den Kern seines Denkens sofort erfassen. Die Musik wird einem helfen dabei, sie legt den roten Teppich aus für Daniil Charms.

 

Aerni: Interessant ist auch die Zusammensetzung der Instrumente, zwischen Flöte, Örgeli, Kontrabass, Gitarre und Schlagzeug. Was war zuerst da, das Kennen der Musiker oder der Wunsch dieser Instrumente?

Häusermann: Also, ein Bass gehört verständlicherweise dazu, sonst hängt die Flöte verloren in der Luft. Und meistens ist es ja so, dass der Vater des Schlagzeugers einen Übungskeller und möglicherweise auch einen VW-Bus hat, und so ist es logisch, dass der Sohn mitspielt.

 

Aerni: Was ist für Sie die Musik zur Literatur? Trägerin, Dialogpartnerin oder gar Kontrastprogramm?

Häusermann: Wir gehen Arm in Arm.

 

 

 

Der Komponist, Musiker und Regisseur Ruedi Häusermann wurde 1948 in Lenzburg geboren. Er studierte Ökonomie und Musik. Früh interessierte er sich für Jazz und freie Improvisation. Über die Jahre hinweg hat Häusermann eine eigene musiktheatralische Sprache geschaffen, für die er bereits mehrfach ausgezeichnet wurde, u.a. mit dem Kunstpreis der Stadt Zürich (2011) und zuletzt mit dem Schweizer Theaterpreis (2018). In seinen Abenden, denen lange Phasen der Komposition und Themenfindung  vorausgehen, untersucht er die Möglichkeit von Theater und Musik, sich gegenseitig neue Räume zu eröffnen. Dabei geht sein Blick voll Zuwendung aufs Detail, es entsteht ein poetischer, vieldeutiger Mikrokosmos. www.ruedihaeusermann.ch

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