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Affenpocken: Ein neues Virus verbreitet sich

DMZ –  GESUNDHEIT / WISSEN ¦ Sarah Koller ¦   

 

Das Robert-Koch-Institut (RKI) warnt nach Corona vor einer neuen Virus-Erkrankung. Die Pocken zählten lange zu den gefährlichsten Krankheiten. Dank der Impfstoffe gilt die Welt seit 1980 als pockenfrei. Ein verwandter, aber harmloserer Erreger sorgt nun für eine ungewöhnliche Infektionshäufung. Aus vielen Ländern werden Nachweise und Verdachtsfälle von Affenpocken gemeldet. Die Krankheit breitet sich besonders heftig bei Kindern und Jugendlichen aus. Der Verlauf der ausgebrochenen Krankheit ähnelt dem von humanen Pocken, sie wird eigentlich von Wildtieren übertragen.

 

Eigentlich grassieren die Affenpocken vor allem in Afrika und zwar mit teilweise erschreckender Entwicklung: In der Demokratischen Republik Kongo stieg die Infektion von Mensch zu Mensch von 30 Prozent in den 1980ern auf 73 Prozent (1997). Seit 2017 steigt die Anzahl an Affenpocken-Infektionen bei Nigeria-Rückkehrern. Der in „PLOS Neglected Tropical Diseases“ vorgestellten Analyse zufolge hat sich die weltweite Zahl der nachgewiesenen, wahrscheinlichen und vermutlichen Fälle in den vergangenen fünf Jahrzehnten mehr als verzehnfacht. Als möglichen Grund nennen die Forschenden einen nachlassenden Immunschutz nach dem Stopp der Pockenimpfungen 1980. Auch Abholzung sei eine mögliche Ursache oder könne als Verstärker fungieren.

 

Seit Anfang Mai steigt die Zahl der Affenpocken-Infektionen nun in Europa. Es sei "wahrscheinlich zu früh, um Schlussfolgerungen über den Übertragungsweg zu ziehen oder anzunehmen, dass sexuelle Aktivität für die Übertragung notwendig war, solange wir keine klaren epidemiologischen Daten und Analysen haben", so Dr. Michael Skinner, Dozent für Virologie am Imperial College London. Offenbar hat sich der Erreger bereits längere Zeit unbemerkt in mehreren westlichen Ländern ausgebreitet, am Donnerstag waren dann bereits zahlreiche Nachweise aus Europa und Nordamerika bekannt, darunter aus Großbritannien, Spanien, Portugal und Schweden. Im Zuge der gestiegenen Aufmerksamkeit ist mit weiteren Nachweisen zu rechnen, wohl auch in anderen Regionen der Welt.

 

Wie gefährlich sind die Affenpocken?

Die kursierende Variante des Affenpocken-Virus ruft nach Angaben der britischen Behörde UK Health Security Agency (UKHSA) meist nur milde Symptome hervor, kann aber auch schwere Verläufe nach sich ziehen. Dass Erkrankungen in westlichen Ländern tödlich verlaufen, hält der Epidemiologe Paul Hunter von der Universität of East Anglia für sehr unwahrscheinlich. Es sei aber nicht unmöglich, sagte er dem Sender BBC. Die in Europa und den USA auftretende westafrikanische Variante des Virus führe in Afrika bei etwa einem Prozent der Erkrankten zum Tod. 

 

In der Regel verläuft die Krankheit etwas milder als normale Pocken, so auch das RKI. Es gebe auch eine zentralafrikanische Variante, bei der zehn Prozent der Fälle auf dem Kontinent tödlich verliefen. Alle Altersgruppen und beide Geschlechter gelten dem Robert Koch-Institut (RKI) zufolge als gleichermaßen empfänglich. Von tödlichen Verläufen in Afrika sind demnach vor allem Kinder betroffen. Langzeitfolgen wie Vernarbungen und in seltenen Fällen auch Erblindung sind möglich, ebenso gibt es seltene tödliche Verläufe. Die meisten Infizierten stecken sich innerhalb von zehn bis vierzehn Tagen mit den Affenpocken an. Sie sind dann etwa zwei bis drei Wochen erkrankt und auch infektiös.

 

Die Krankheit äußert sich mit folgenden Symptomen:

  • 1. Phase (präeruptives Stadium): Plötzlich einsetzendes Fieber (am zweiten Tag 38,5 bis 40,5 °C), starke Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, Halschmerzen, Husten, Unwohlsein, hochgradige Erschöpfung, teilweise Durchfall, häufig Lymphknotenschwellungen

  • 2. Phase (eruptives Stadium): Rötungen und pockentypischer Hautausschlag (Makula, Bläschen, Pusteln und Krusten) innerhalb weniger Tage nach Erkrankung, bei Nicht gegen Pocken Geimpften gibt es die Ausschläge häufiger auch auf den Schleimhäuten der Mundhöhle, sowie sehr schmerzhafte Verletzungen (Läsione) im Genitalbereich. 

Affenpocken treffen nicht gegen Pocken Geimpfte deutlich schwerer als Geimpfte. Dadurch sind Kinder und Jugendliche durch die Krankheit stärker gefährdet. Die Symptome treten bei ihnen stärker auf und das Risiko für einen schweren Verlauf ist höher.

 

Durch die Fälle in Europa klärt das RKI nun gezielt Ärzte in Deutschland über die Erkrankung auf. Die weitere Ausbreitung der Affenpocken ist unklar - gerade die ungeklärten Infektionswege in England sind alarmierend.

 

Keine Krankheit einer bestimmten Gruppe

In den letzten Wochen wurden mehrere Fälle von bestätigten und vermuteten Affenpockeninfektionen in drei europäischen Ländern gemeldet. Die anfängliche Häufung von Fällen, die bisher zuerst im Vereinigten Königreich aufgetreten sind, umfasst vier Männer, die sich als schwul oder bisexuell bezeichnen. Das Narrativ, das sich im Zuge dieses Ausbruchs entwickelt erinnert leider an die erste Berichterstattung über Pneumocystis-Pneumonie-Cluster bei schwulen Männern mit AIDS vor vierzig Jahren. Affenpocken ist keine Krankheit einer bestimmten Gruppe, so wie dies auch keine anderen Infektionskrankheit ist. Es ist bedauerlich, dass dies noch gesagt werden muss, um festzustellen, wie wenig wir aus früheren Ausbrüchen gelernt haben.

 

Stigmatisierung einer bestimmten Gruppe von Personen schürt Angst und behindert die Untersuchung von Ausbrüchen, die Identifizierung von Fällen und Interventionen im Bereich der öffentlichen Gesundheit. Die Auswirkungen der Bezeichnung der HIV-Infektion als "homosexuelle Krankheit" führten in den 1980er Jahren zu unsäglichem Leid. Fälle wurden in den frühen Tagen der Epidemie nicht gemeldet, da Personen, die sich mit dem Virus infiziert hatten, in den "Untergrund" gingen, anstatt medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Dies führte zu vielen verpassten Gelegenheiten, schnell etwas über die Infektion zu erfahren, ihre Übertragung zu verstehen und vor allem gezielte Interventionen im Bereich der öffentlichen Gesundheit bereitzustellen, um ihre Ausbreitung einzudämmen. Stattdessen wurden Personen in der damals am stärksten betroffenen Gruppe für ihr eigenes Leiden verantwortlich gemacht und als Krankheitslieferanten geächtet.

 

 

Weitere Informationen - www.rki.de/affenpocken. Das BAG ( Schweiz) liefert nach wie vor keine Informationen.

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