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AT: Nehammer: Österreich kann Gas-Embargo gegen Russland nicht zustimmen

DMZ –  POLITIK ¦ MM ¦ Lena Wallner ¦                               

 

Im Vorfeld des aktuellen außerordentlichen EU-Gipfels debattierten die Abgeordneten im EU-Hauptausschuss des Nationalrats heute Positionen zu den Themen Ukraine, Sicherheit und Verteidigung, Energie sowie Ernährungssicherheit mit Bundeskanzler Karl Nehammer und der Ministerin für EU und Verfassung, Karoline Edtstadler.

 

Österreich könne einem Gas-Embargo gegen Russland nicht zustimmen, verwies Nehammer auf die diesbezügliche Abhängigkeit der Republik von russischem Gas. Darüber hinaus gab er etwa zu bedenken, dass im Zusammenhang mit Embargos niemand von Uran spreche. Auch das gelte es "redlicherweise" zu thematisieren. Beim Öl-Embargo könne er die Vorgangsweise der Kommission nicht ganz nachvollziehen, so der Bundeskanzler. Österreichs Position sei hier klar, wiewohl – ob Gas in Österreich oder Öl in Ungarn - jeder Staat selbst so vorsorglich sein müsse, nicht eine Krise innerhalb des eigenen Landes auszulösen. Auch die Frage der Pipelinesysteme spiele hier eine große Rolle. Diesbezügliche Investitionen würden von den Industrienationen unterstützt, auch hinsichtlich etwaiger späterer Verwendung für Wasserstoff. Das nehme aber Zeit in Anspruch.

 

Drei im Zuge der Sitzung von der FPÖ eingebrachte Anträge auf Stellungnahme blieben in der Minderheit. Die Freiheitlichen verlangten von der Bundesregierung zum einen, sich gegen eine weitere Vergemeinschaftung der Schulden einzusetzen und entsprechend einen neuen EU-Fonds mit Geldern für "Rebuild Ukraine" abzulehnen. Darüber hinaus forderte Petra Steger (FPÖ) die Bundesregierung zu Stellungnahmen gegen ein Gas-Embargo sowie gegen ein Öl-Embargo auf und warnte vor den Folgen solcher Schritte für die österreichische Bevölkerung. Derzeit sei auf EU-Ebene die Rede von 9 Mrd. € an Geldern, damit die Ukraine liquide bleibe, erörterte Bundeskanzler Nehammer. Die Details seien allerdings erst zu verhandeln, wobei er es als wichtig bezeichnete, dass ein Solidaritätsfonds nicht zur Vergemeinschaftung von Schulden beitrage. Zugleich brauche es das Bekenntnis, der Ukraine beim Aufbau zu helfen.

 

Nehammer: Aktive Neutralitätspolitik Österreichs

Als eine wichtige Position im Zusammenhang mit seinen jüngsten Gesprächen etwa mit Russlands Präsident Wladimir Putin strich Bundeskanzler Nehammer die Bedeutung einer aktiven Neutralitätspolitik Österreichs hervor. Es gelte, "alle Konfliktparteien individuell zu betreuen", wie er auf Wortmeldungen von Wolfgang Gerstl (ÖVP) und Europaabgeordnetem Andreas Schieder (SPÖ) ausführte. Am Ende könne Waffenstillstand und Frieden nur erreicht werden, wenn es eine Kommunikationsbasis zwischen der Ukraine und Russland gebe, so der Bundeskanzler zum Thema Friedensverhandlungen, nach denen sich etwa Nikolaus Scherak (NEOS) erkundigt hatte.

 

Betreffend einen etwaigen EU-Beitrittsstatus der Ukraine werde eine Einschätzung der EU-Kommission im Juni erwartet, meinte Ministerin Edtstadler gegenüber Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne). Österreich werde einem Kandidatenstatuts der Ukraine nicht im Wege stehen. Zugleich sei hier die Westbalkanperspektive mitzudenken und auch davon zu sprechen, dass im Zuge dessen etwa auch Bosnien-Herzegowina den Beitrittsstatus bekommen müsse. Die Regeln müssen außerdem für alle Beitrittskandidaten gleich sein, ergänzte Nehammer im Hinblick auf vor dem Krieg wahrgenommene Probleme mit der Rechtsstaatlichkeit in der Ukraine. Es gebe jedenfalls aber euch die sicherheitspolitische Verantwortung, die Ukraine an Europa heranzuführen.

 

Korridore für Ernährungssicherheit

Um eine Unterernährung der Welt zu vermeiden, brauche es sichere Korridore, das Getreide aus der Ukraine ausliefern zu können, so der Bundeskanzler im Hinblick auf Ernährungssicherheit. Auch dieses Thema sei Teil des Gesprächs mit Russlands Präsident Putin gewesen. Das große Ziel sei für Nehammer, solche Korridore über den Seeweg zu ermöglichen. Das gemeinsame Engagement mit den Vereinten Nationen dazu sei unerlässlich, um diese Korridore auch tatsächlich zu ermöglichen. Wichtig sind aus Sicht des österreichischen Bundeskanzlers vertrauensbildende Maßnahmen hin zur Öffnung des Seewegs.

Eine Erhöhung des Budgets für das österreichische Bundesheer, die etwa von Eugen Bösch (FPÖ) thematisiert wurde, sei auf gutem Weg und in den letzten Verhandlungen, so Nehammer. Was Waffenlieferungen im Ukraine-Krieg betrifft, enthalte sich Österreich, führte Ministerin Edtstadler aus.

 

Als weitere Themen der Debatte warf unter anderem Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne) das Thema Türkei in der Position zu einem NATO-Beitritt Finnlands und Schwedens auf. Helmut Brandstätter (NEOS) ging es etwa um den Beitrag österreichischer Behörden zur Aufklärung von Kriegsverbrechen. Martin Engelberg meinte seitens der ÖVP zum Thema einer etwaigen europäischen Armee, die Nikolaus Scherak (NEOS) angesprochen hatte, dass eine solche nicht realistisch sei, zumal es keine europäische Sicherheitspolitik ohne den Schutzschirm der NATO gebe. Zum Energieeffizienzthema insgesamt bemängelte Alois Schroll seitens der SPÖ, dass in Österreich nach wie vor Gesetze wie etwa das Klimaschutzgesetz fehlen würden. Lukas Hammer (Grüne) meinte dazu unter anderem, Österreich sei "ganz vorne dabei", wenn es um den Ausstieg aus Erdgas gehe und habe hier auch schon einiges auf den Weg gebracht.

 

 

Herausgeber / Quelle: Parlamentskorrespondenz Österreich ¦ 

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