RRRrrrr Renners Rasende Randnotiz - Was wirklich mit Van Goghs Ohr geschah. Teil III

Alon Renner (Potrait von Olivia Aloisi)
Alon Renner (Potrait von Olivia Aloisi)

DMZ – KOLUMNE ¦ Alon Renner ¦                         

 

Herzlich willkommen zum dritten und letzten Teil meiner Geschichte über «Was wirklich mit Van Goghs Ohr geschah». Und zu einem Ende, wie Ihr es nicht erwartet habt. Ich bin schon ganz gespannt auf Eure Kommentare.

 

 

 

Wer den Anfang der Geschichte verpasst hat, kann ihn hier gerne nachlesen:

Teil 1) https://bit.ly/3NRNPl3 und Teil 2) https://bit.ly/3zrT2ME

 

Nachdem Van Gogh in seiner Berufskarriere als Kunsthändler, als Buchverkäufer, als Lehrer und als Priester versagte und nun ganz offensichtlich auch als mittelloser Maler mit seinen Träumen einer Künstlerkolonie zu scheitern schien, stürzte er in eine schwere Krise. Welcher Umstand genau dazu führte, dass er sich am 23ten Dezember 1888 von seinem Ohr trennte, wissen wir nicht. Wir wissen nur, dass er sich bald, sehr bald darauf auch von Gauguin, Rachelle und Arles verabschiedete.

 

Im Leben gibt es Momente des Schreckens und der puren Verzweiflung. Es gibt das Leiden, das Darben und die völlige Aufgelöstheit. Wir kennen dies nur zu gut. Zwei Jahre der Pandemie liegen hinter uns. Zwei Jahre der Angst, der Beklemmung und der grossen Entbehrungen. Und nun herrscht ein Krieg in Europa. Ein Krieg, der unsägliches Leiden über die Ukraine und ihre Bevölkerung bringt. Ein Krieg, der uns Millionen von Flüchtlingen beschert und uns fürchten lässt, in eine nukleare Auseinandersetzung mit Russland zu geraten.

 

Darf ich Euch alle bitten bei Google Bild Die Sternennacht von Van Gogh einzugeben? https://de.wikipedia.org/wiki/Sternennacht

 

In der Nervenheilanstalt von Saint Rémy verbrachte Vincent mehr als ein Jahr. Hier entstand eines seiner berühmtesten Gemälde: Die Sternennacht. Gemalt trotz der Gitterstäbe vor seinem Fenster im ersten Stock, zeigt es die spektakuläre Aussicht einer leuchtenden Nacht voller entflammter Himmelskörper. Die lodernde Zypresse in der linken Bildhälfte wird begleitet von einem Dorf, über das sich die Stille der Dunkelheit gelegt hat. Elemente einer Komposition, wie sie in der Realität nicht vorzufinden sind. Die Zypresse war in Wahrheit viel kleiner und das Dorf, mitsamt dem markanten Kirchturm, befindet sich hinter und nicht vor dem Haus.

 

Was dieses Bild ausmacht, ist das Vibrierende, das Pulsierende, die pure Elektrizität, die von seinen in den Himmel gemalten Pinselstrichen ausgeht.

Es ist etwas an der Nacht und der Stimmung, die sie verbreitet, die uns tief in unserem Inneren berührt. Seit tausenden von Jahren feiern wir sie. Als Abendessen und als Zusammenkunft der Familie, der Freunde, der Freude und der Freuden. 

 

Das letzte Abendmahl, Erev Shabbat, Eid al-Fitr und Heilig Abend sind als Frühstück nicht zu denken. Und auch die meisten Theater- & Comedy Vorstellungen, die Oper, die Parties und unsere Lesungen finden eher selten als Daydance statt.

 

Van Gogh verehrte die Sterne nicht nur wegen ihrer Erhabenheit und ihrer Ausstrahlungskraft, für ihn hatten sie eine besondere Bedeutung. Er schrieb darüber in einem Brief an seinen Bruder Theo. Die Sterne, schrieb er, sind die Seelen der verstorbenen Dichter. Wenn er in den Himmel blickte, sah er Shakespeare, Byron und Viktor Hugo, wie sie am Firmament erstrahlten. Und er, das verkannte Genie, wollte mit ihnen dort oben sein.

 

Die Sterne wie sie strahlen und uns umgarnen, wie sie leuchten und uns Vertrauen spenden. In seinen schlimmsten Stunden fand Vincent die Kraft, uns ein Bild der Hoffnung zu schenken.

Und dies ist genau das, was wir mit der Rahmenhandlung in Bewegung gesetzt haben. Die Rahmenhandlung wurde inmitten der Pandemie gegründet und versteht sich als Ort der Kultur allen Widerständen zum Trotz.

 

Um all die Sterne, denen Ihr heute Abend begegnen werdet zum Leuchten zu bringen, sind wir auf Eure Hilfe angewiesen. Bitte lasst uns wissen, wenn wir Euch in unseren Newsletter aufnehmen können, wenn Ihr freie Kapazitäten habt, um uns in Zukunft mit dem Verteilen von Flyern, an der Bar, an der Türe oder sonstwie unterstützen könnt.

 

Und wenn Ihr wissen wollt, wie Vincent überhaupt auf die Idee kam sich das Ohr abzuschneiden, dann hört jetzt gut zu:

In Arles nämlich, da gibt es eine Arena. Eine Stierkampf Arena. Den meisten ist dies nicht so ganz bewusst, aber Stierkämpfe werden nicht nur in Spanien und in Portugal ausgetragen, sondern auch im Süden Frankreichs. Und da will die Tradition, dass dem besiegten Stier das Ohr abgeschnitten und dem siegreichen Matador übergeben wird. In seinem goldenen Gewand schreitet der Matador stolz durch die Manege und hält das Ohr empor. Gut sichtbar für das applaudierende Publikum. Er der Sieger, der Bezwinger des gewaltigen, unbändigen Stieres wirft nun dieses Ohr der schönsten Frau im Publikum zu.

Van Gogh hat sich also ganz offensichtlich nicht nur stark mit dem Leben von Jesus identifiziert, sondern auch mit dem besiegten Stier in der Manege...

 

Ganz liebe Grüsse

Euer Alon

 

 

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