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Die Schweiz war indirekt sehr stark in den Sklavenhandel involviert

DMZ – GESELLSCHAFT / POLITIK ¦ Daniel Peter ¦     

KOMMENTAR

 

2001 behauptete der offizielle schweizerische Menschenrechtsvertreter bei der UNO, die Schweiz habe weder mit der Sklaverei, dem Sklavenhandel noch mit dem Kolonialismus je etwas zu tun gehabt. Eine Behauptung welche später offiziell widerlegt wurde. Die Schweiz hat zwar keinen direkten Kolonialismus betrieben, war aber indirekt sehr stark in diesen wie auch den Sklavenhandel involviert.

 

Die Schweizerinnen und Schweizer sehen ihr Land gerne als neutral und friedliebend. Mit den dunklen Kapiteln ihrer Vergangenheit setzen sie sich nicht gerne auseinander. Gegen die Aufarbeitung der Rolle der Schweizer Banken in der Zeit des Nationalsozialismus regte sich grosser Widerstand. Und so war es auch bei der Aufarbeitung der Rolle der Schweiz im Sklavenhandel und Kolonialismus. Der Sozialwissenschafter und Nationalökonom Richard Fritz Behrendt wies in seiner Studie "Die Schweiz und der Imperialismus" schon in den 1930er Jahren nach, dass die Schweiz auch ohne Kolonien von der imperialen Politik europäischer Länder stark profitierte. Seine Studie ging wissentlich oder unwissentlich vergessen.

 

Die Historiker der ETH Zürich, sprechen von einem sogenannten sekundären Imperialismus. Insbesondere Schweizer Missionare waren in Imperien tätig und leisteten einen grossen Beitrag zu der sogenannten Zivilisierung der Heiden. Auch an der Rassenforschung waren Schweizer Universitäten aktiv beteiligt. Zudem waren es viele Schweizer Söldner, welche in den Diensten der Imperialmächten standen. Einen Grossbeitrag im Kolonialismus und beim Sklavenhandel trugen Schweizer Handelsunternehmen bei. Stoffe aus Schweizer Produktion, Waffen und Alkohol wurden nach Westafrika verkauft. Dort nahmen die Schiffe Sklaven auf, welche in der neuen Welt verkauft wurden. Von dort wurden sie mit Kolonialwaren beladen für den Handel in Europa. Zwar waren es Privatpersonen wie Alfred Escher, Jacques-Louis Pourtales oder David de Pury, aber auch die offizielle Schweiz und die Kantone leisteten ihren Beitrag. 

 

Am Wiener Kongress ächtete die Völkergemeinschaft die Sklaverei, was zur Abschaffung führte. Schweizer Industrielle hielten aber weiterhin Sklaven, was der Schweizer Regierung bekannt war und geduldet wurde. 

 

Ein unbequemes Kapitel der Schweizer Geschichte, das gerne verdrängt wird. Eine offizielle Entschuldigung der Schweiz oder gar eine Wedergutmachung gab es nicht. Und wird es wohl kaum geben. 

 

Auch in der Apartheidpolitik Südafrikas spielte die Schweiz und die Schweizer Banken eine hinlänglich bekannte unrühmliche Rolle. Altbundesrat Christoph Blocher gründete 1982 die Arbeitsgruppe südliches Afrika (ASA) welche das Ziel hatte, durch Einflussnahme auf die Berichterstattung schweizerischer Medien, das Apartheidsregime Südafrikas zu schützen und zu stützen. Der gleiche Altbundesrat, welcher in seiner Verantwortung als Justizminister das Verbot von Hitlergruss und Hakenkreuz verhinderte. Der Bundesrat begründete, dass ein Verbot rassistischer Symbole nicht umsetzbar sei. Das Bundesgericht hat 2014 entschieden, dass der Hitlergruss nicht strafbar ist, wenn er hauptsächlich dem Ausdruck des eigenen Bekenntnisses zur Nazi-Ideologie diene. 

 

Die Nationale Aktion gegen die Überfremdung von Volk und Heimat lancierte 1968 die sogenannte Schwarzenbach-Initiative. Diese wurde vor 30 Jahren vom Schweizer Volk mit 54 Prozent äusserst knapp abgelehnt. Bei einer Annahme wäre eine 10-Prozent-Hürde für ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger eingeführt worden. Seit damals stimmt die Schweizer Bevölkerung regelmässig über Themen der Migration und Überfremdung ab. Teilweise werden diese knapp angenommen, teilweise knapp abgelehnt. Die Partei mit dem grössten Wähleranteil ist rechtskonservativ und nennt sich Schweizerische Volkspartei (SVP). 

 

In den vergangenen Tagen gingen Tausende in Schweizer Städten auf die Strasse, um gegen Rassismus zu demonstrieren. Dies im Rahmen der #blacklivesmatter Bewegung. Selber habe ich wegen den geltenden Corona-Bestimmungen nicht an einer der Demos teilgenommen, begrüsse aber dieses Zeichen gegen Rassismus. 

 

In Kommentarspalten von Onlinemagazinen und auf Social Media ist oft zu lesen, dass die aktuelle Rassismusdebatte nichts mit der Schweiz zu tun habe, und ein amerikanisches Problem sei. Das zeigt, wie sehr die öffentliche Verdrängung der Thematik in der schweizerischen Gesellschaft verwurzelt ist. 

 

Anlässlich der Berichterstattung über die vor 30 Jahren zur Abstimmung gelangten Schwarzenbach-Initiative wurden auch Statements der damaligen Bevölkerung veröffentlicht. Da waren nicht Skindheads mit Hakenkreuzen zu sehen, da waren 

Durchschnittsbürgerinnen und -bürger zu hören, welche mit ihren Aussagen den hässlichen Rassismus in diesem Land zeigten. Und dieser Rassismus ist auch im Jahr 2020 vorhanden. Gemäss Umfragen hält die grosse Mehrheit der Bevölkerung, den Begriff Mohrenkopf für nicht rassistisch oder problematisch. Es mag nur ein Wort sein, aber es ist ein Zeichen für die Haltung der Schweizerinnen und Schweizer. Hassbotschaften verbreiten sich in den sozialen Medien. Haben diese Menschen tatsächlich kein Rassismusproblem? Wieso dann diese Haltung? Was wollen diese Menschen ihren dunkelhäutigen Mitbürgerinnen und -bürger mitteilen? Versteckter Rassismus ist genauso problematisch. Und ja, ich finde die Sprache muss dekolonisiert werden. Jetzt!

 

Es ist das Jahr 2022 und die Schweiz hat meiner Meinung nach ein massives Problem mit Rassismus, Sexismus und Homophobie. Und wer das weiterhin verdrängt, verleugnet oder tabuisiert, die oder der trägt zum Rassimus bei. Ja, ich bin traurig, enttäuscht aber auch wütend. Ich werde mich weiterhin vehement gegen Diskriminierung einsetzen! 


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