"Die Vielen liegen nur da, vollgefressen wie das Vieh."

DMZ - HISTORISCHES ¦ Matthias Walter ¦                       

 

Heraklit (ca. 550 bis 480 v. Chr.) war ein vorsokratischer Philosoph aus Ephesos (einst eine wichtige Hafenstadt - in der heutigen Türkei). Er entstammte einer alten Königsfamilie.

 

Er war ein Einzelgänger, verachtete die Masse ("Die Vielen liegen nur da, vollgefressen wie das Vieh.") und war ein Feind der Demokratie. Die Nachwelt nannte ihn auch "den Dunklen". Im hohen Alter zog er sich ganz von den Menschen zurück. Als Einsiedler in den Bergen ernährte er sich ausschließlich von Gräsern und Kräutern, wodurch er sich die Wassersucht zuzog. Ärzten vertraute Heraklit nie: "Die Ärzte beschweren sich immer, ihr Honorar sei ihrer guten Arbeit nicht angemessen. Dabei schneiden, brennen und quälen sie in jeder vorstellbaren üblen Weise." Um auszutrocknen, legte er sich, bedeckt mit Kuhmist, in ein Loch - und starb an Austrocknung.

 

Heraklit war es von zentraler Bedeutung, "das Geheimnis der Welt" zu lüften.

 

Hinter dem ständigen Fließen sah er ein durchgängiges Gesetz. Eine Einheit in der Vielheit und umgekehrt. Von ihm stammt der berühmte Satz: "In dieselben Flüsse steigen wir und steigen wir nicht. Wir sind und wir sind nicht." Eine Dynamik des Werdens und Vergehens.

 

Heraklit behauptete, der sogenannte "Logos" leite das Weltgeschehen und die Menschen sollten sich nach ihm richten. Eine Art Weltgesetz oder Prinzip. Die Welt besteht für ihn schon ewig - er hält sie für ungeschaffen, somit kann auch von einem Schöpfer keine Rede sein.

 

Thales von Milet nahm an, dass es eine Ursubstanz gegeben haben müsste - das Wasser. Auch Heraklit ging von so einer Ursubstanz aus. Ganz anders als Thales sieht er aber das Feuer als diesen Urstoff. In einem ewigen Gesetz brennt dieses Feuer auf und verlöscht wieder. Beim Aufbrennen tritt die Welt in ihren Gegensätzen (ein absolut wesentlicher Begriff bei Heraklit) hervor, um dann irgendwann wieder darin zurückzufallen. Ob er dabei ein Feuer im wahrsten Sinne meinte oder irgendeine geartete Energie, kann abschließend nicht geklärt werden. Und wenn Heraklit von Gott oder dem "Göttlichen" spricht, dann meint er genau dieses Urfeuer bzw. die Urenergie, aus der die Vielheit entspringt, die Einheit der Gegensätze. Zwei widerstreitende, gegensätzliche Kräfte (überall im Universum) sorgen überall für entsprechende Entwicklungen. "Gott ist Tag und Nacht, Winter und Sommer, Krieg und Frieden, Überfluss und Hunger."

 

Ein ständiges Wechselspiel und Werden der Gegensätze (Bewegung, Veränderung, Entstehen, Vergehen). Für den eigenbrötlerischen Philosophen war der "Krieg und der Kampf aller Dinge Vater" - die Gegensätze ringen unaufhörlich miteinander. Alles braucht also zu seinem Sein seinen Gegensatz. Diejenigen haben somit unrecht, die die Kämpfe beenden wollen und Frieden erreichen möchten. Denn mit dem Aufhören der Gegensätze würde ein Stillstand eintreten - der Tod. Geht es nach Heraklit, bewerten die Menschen ohnehin alles subjektiv. Für Gott ist jedoch alles schön, gerecht und gut - eine "harmonische Ganzheit".

 

Heraklit hatte damit den Keim der Dialektik gelegt, der Entwicklungslehre, die der große Hegel lange Zeit später zu dem Fundament seiner Philosophie machte (Hegel bezeichnete Heraklit als seinen Vorläufer) - rund zweitausend Jahre später. Bei Marx ging es später um den "dialektischen Materialismus". Der Begriff der Dialektik war jedoch nicht immer eindeutig und muss an Stellen angemessen differenziert werden.

 

Es ist unglaublich beachtlich, wie sehr ein Mann aus dieser Zeit so große Gedanken entfalten konnte, die bis in unsere heutige Zeit nichts an Bedeutung verloren haben. Selbst Nietzsche und Darwin dockten an Heraklits Gedankenwelt an. Friedrich Nietzsche lobte den Vorsokratiker überschwänglich: "In Heraklits Nähe wird mir wärmer und wohler zumute als irgendwo sonst. Seine Gedanken sind das mir Verwandteste, was bisher gedacht worden ist." Und auch der große Sokrates fand nichts als wertschätzende Worte für Heraklit: "Was ich von Heraklits Gedanken verstanden habe, zeugt von hohem Geist, und wie ich glaube, auch das, was ich nicht verstanden habe."

 

Zweifelsfrei hat Heraklit eine immense Nachwirkung erzielt. Fraglos kann man ihn in die Reihe der "Weltphilosophen" stellen, einer der ganz Großen der Philosophiegeschichte - und dazu noch ein richtiger Charakter. 


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