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Die Gasumlage wird komplett falsch diskutiert

DMZ –  POLITIK ¦ Dirk Specht ¦                                 

KOMMENTAR

 

Die öffentliche Diskussion über die „Gasumlage“ ist genauso dumm wie bei der ganzen Energiethematik. Ungewollt macht der Henkel-Chef in diesem FAZ Interview, leider hinter der Paywall, klar, worum es bei der Umlage ging und weshalb sie fallen gelassen wurde. Leider sind aber auch wirklich alle Berichte, Talkshows, Interviews und Kommentare dazu vollkommen falsch!

 

Der Henkel-Chef sagt nämlich in einem Nebensatz, was passiert wäre: Für Henkel wäre alleine die Umlage teurer geworden als die gesamte Gasrechnung! Er lobt übrigens Habeck ausdrücklich dafür, dass der zugehört habe und die Sache dann fallen ließ.

 

Noch mal ganz deutlich: Die Gasumlage war als Umlage geplant, es war in der Gesamtbilanz keine Preiserhöhung oder Zusatzbelastung, sondern eine Angleichung der Preise bei den Verbrauchern. Diejenigen, die auf guten Versorgungsverträgen mit günstigen Preisen sitzen, hätten netto gezahlt, diejenigen, die durch Änderung der Verträge besonders hohe Preise bezahlen, netto profitiert. So funktioniert eine Umlage – und die ist eben KEINE Abgabe. Sie verteilt die Preiserhöhung, erzeugt aber keine zusätzliche.

 

Nun ist bekannt, dass es handwerkliche Fehler gab. Die Sache mit der Umsatzsteuer beispielsweise und dann exakt die Frage, wer die Erlöse aus der Umlage erhält und wie sicherzustellen ist, dass die auch wieder in die Preise zurück fließt. Die entsprechende Kritik, von Trittbrettfahrerei bis zu Gestaltungsmissbrauch war berechtigt – aber nicht der Grund, weshalb das Instrument gestrichen wurde.

 

Tatsächlich haben wir nämlich insbesondere in der Industrie ganz offensichtlich eine vollkommen asymmetrische Verteilung des „billigen russischen Gases“. Ich hatte das hier oft thematisiert, denn in der Gesamtheit der Verbraucher – aus Privathaushalten und Wirtschaft – also in den offiziell verfügbaren Preisdaten gab es nie billiges Gas für Deutschland. Welche Preise an Russland tatsächlich bezahlt wurden, wie günstig die wirklich waren und wer profitierte, werden hoffentlich mal Historiker herausfinden.

Ungewollt hat Henkel sich als Profiteur geoutet. Wenn die Umlage teurer als die gesamte Gasrechnung wäre, bezieht man offensichtlich besonders günstig Gas – und wäre entsprechend in erhebliche Schwierigkeiten geraten, wenn man seinen Preisvorteil nun mit der Allgemeinheit hätte teilen müssen.

 

Vermutlich ist Habeck, dem ja gerne nachgesagt wird, er habe von Wirtschaft keine Ahnung, zur Erkenntnis gekommen, dass der Flurschaden durch eine Preisangleichung zu groß wäre, so dass es besser ist, die Preise gleich durch Steuergelder zu subventionieren und die Preisunterschiede bei den Verbrauchern stehen zu lassen. Und vermutlich ist das auch richtig so.

 

Das zeigt aber erneut, wie weit wir von so etwas wie Energie“märkten“ entfernt sind. Dass insbesondere die Industrie günstigere und andere Tarife erhält als der Endverbraucher, ist vollkommen in Ordnung und auch im allgemeinen Interesse, denn Energie ist in allen Produkten enthalten und manche brauchen technisch besonders viel davon. Es macht auch keinen Sinn, diese Produktionen durch hohe Energiepreise zu verdrängen. Das ist ökonomisch nicht sinnvoll und es führt auch ökologisch nur zur Verdrängung in Standorte mit niedrigen Umweltstandards.

 

Insofern brauchen wir Preisstrukturen, die zwischen Privathaushalten, allgemeiner Wirtschaft und energieintensiven Industrien unterscheiden. Was wir aber nicht brauchen, sind vollkommen intransparente Märkte, in denen Energiepreise zum Dschungel werden, der über Steuern und Abgaben eine nicht mehr beherrschbare Umverteilung von Lasten bedeutet, die keiner mehr durchblickt, geschweige denn steuern könnte. Was wir ferner brauchen, sind progressive Tarife in allen Bereichen, bei denen ein angemessener Grundbedarf preislich entlastet und ein steigender Bedarf preislich immer stärker belastet wird.

Wie sehr dieser Dschungel blind macht, sieht man an der Debatte über diese Gasumlage. Gerade der Bereich der privaten Haushalte hätte hier netto profitiert. Es war nie eine Abgabe, sondern eine Umverteilung der Preisbelastung – die Industrie hat das gestoppt.

 

Was dazu seitens der Politik verbreitet wird, sollten wir nicht einfach nachplappern!

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