George Berkeley - Sein ist Wahrgenommenwerden

DMZ - GESELLSCHAFT / LEBEN / Matthias Walter ¦   

 

George Berkeley (1684-1753) war ein irischer Philosoph und Theologe. Man kann ihn zu den sogenannten "Aufklärern" und "Empiristen" zählen.

 

Von herausragender Bedeutung - und wie ich finde Brisanz - ist seine Erkenntnistheorie bzw. Erkenntnismetaphysik. Nach Berkeley haben alle Dinge, die wahrnehmbar sind, ihr Sein in unserem Bewusstsein. Das Sein des Materiellen sei das Wahrgenommenwerden. Der Schlüsselsatz des Iren lautete: "Esse est percipi" ("Sein ist wahrnehmen/Wahrgenommenwerden"). Berkeley kann als Begründer des subjektiven Idealismus betrachtet werden. Häufig nennt man ihn auch einen "konsequenten Idealisten", der den Idealismus radikal auf die "Spitze trieb".

 

Der Idealismus - mit seinen verschiedenen Spielarten - hat eine lange Tradition. Grundsätzlich wird unter Idealismus zunächst verstanden, dass die Wirklichkeit hinter den Dingen zu sehen ist (was wir sehen, ist was wir denken). Die Welt ist also nur eine Vorstellung in unserem Gehirn - sie ist so, wie sie uns mit unseren Sinneswahrnehmungen, mit unserem Erkenntnisapparat (Wirbeltiergehirn) erscheint.

 

Der Materialismus hingegen besagt, dass die objektive reale Welt nichts als Materie ist. Es gibt somit nur "Stoffliches" in der Welt, das auch die Erkenntnis entsprechend bestimmt (alles, was wir sehen und ertasten können, ist somit auch materiell). Selbst unsere Gedankengänge und vermeintlich "Seelisches" wären auf die Materie zurückzuführen (dies entspräche einem sogenannten "monistischen Materialismus" (alles ist von der Materie bestimmt), der sich von einem möglichen "Dualismus" - Geist und Materie - abgrenzt). Hierüber wurden zahlreiche, dicke Bücher verfasst von prominenten Autoren verfasst.

 

Berkeley, nach dem eine Stadt benannt ist, leugnet nun nicht etwa die Existenz einer Außenwelt, wenn er behauptet, dass es die Materie bzw. Substanz nicht gäbe. Denn diese Außenwelt, die es für Berkeley sehr wohl gibt, ist auch ideell - und diese wird für ihn allein durch Gott erfahren, sie sei der Bewusstseinsstoff Gottes. Und wenn der Mensch sich die Realität (seine Realität!) mit seinen Sinnen (sehen, riechen, schmecken, ertasten usw.) und seinen Verstand konstruiert, nehme er diese Außenwelt ganz einfach begrenzt wahr (Phänomene, Ideen der Wirklichkeit). Somit ist auch alles auf Gott zurückzuführen, der ja dann die alleinige Ursache ist. Alles ist Geist!

 

Eingangs habe ich geschrieben, dass ich diese Erkenntnistheorie "brisant" finde. Berkeleys Anschauung erscheint äußerst spektakulär, wenn man bedenkt, welchen "Siegeszug" die Naturwissenschaften mit der Zeit erfahren haben. Wer würde heutzutage schon eine derartige Erkenntnistheorie unterstützen? Die Menschen, die sich nicht großartig mit diesen Themen auseinandersetzen - oder eben auch renommierte Naturwissenschaftler - gehen meiner Meinung nach oftmals selbstverständlich davon aus, dass alles "irgendwie" materiell sei - und die Dinge auch in einer Außenwelt so sind wie wir sie wahrnehmen. Für die meisten sind die "Dinge eins zu seins", glaube ich. Die Außenwelt könne vom Menschen also perfekt erkannt werden (Deckungsgleichheit). Doch woher haben wir diese Erkenntnis bzw. Sicherheit? Können wir diese Frage letztendlich wirklich beantworten? Werden wir dieses Rätsel jemals lösen können? Was können wir wissen? Und woher wissen wir, was wir wissen?

Unter dem Strich ist es eben eine dieser großen Fragen, die die Philosophie seit jeher beschäftigt: Wie wirklich ist die Wirklichkeit (bzw. unsere Wirklichkeit)?


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