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Fehlanreize, die wichtige Innovationen verhindern

DMZ –  POLITIK ¦ Dirk Specht ¦                                 

KOMMENTAR

 

Es gibt kaum eine Technologie, die so konkret reguliert ist, wie der Verbrenner. Seit Jahrzehnten wird hier mit einer Mischung aus Normen und auch sehr vielen Verboten exakt die Technologie gesetzt, die von der Industrie erwünscht ist. Namentlich beim Diesel ist das auf die Spitze getrieben worden und bekanntlich krachend gescheitert, weil die USA bei dem Normenspiel nicht mehr mitmachten. Daran war und ist gar nichts technologieoffen oder gar frei von Verboten.

 

Es ist richtig, so eine unmittelbar auf bestimmte Technologien festgelegte Politik zu kritisieren. Das führt typischerweise zu Fehlanreizen, die wichtige Innovationen verhindern. So ist die deutsche Industrie auf Hochleistungsverbrenner und insbesondere Diesel fokussiert. Die global wesentlichen Trends und Technologien sind aber ganz andere. Die wurden verschlafen.

 

Die Debatte, wie dieser Rückstand kompensiert werden kann, ist offensichtlich notwendig. Sie aber ordnungspolitisch zu führen, Verbote von Technologien abzulehen, die tatsächlich sogar technologieoffen sind, weil hier explizit Emissionen und keine Technologien reguliert werden, deutet eher darauf hin, dass es noch zu viele Befürworter der alten, ordnungspolitisch keineswegs sauberen Politik gibt. Da entsprechen die Argumente dem genauen Gegenteil der eigenen Absichten. Das wird sogar unmittelbar bei den jetzt diskutierten Änderungen zugunsten von E-Fuels sichtbar, denn erst dadurch wird das Emissionsverbot um eine Ausnahmetechnologie, also erneut eine konkrete Technologievorgabe, ergänzt. Damit erst passiert genau das, was angeblich nicht sein soll, nämlich eine technologische Regulierung.

 

Wäre unser politisch/ökonomisches System wirklich eine ordnungspolitisch sauber aufgestellte Marktwirtschaft, so könnte man das sogenannte Verbrenner-Verbot allenfalls überflüssig nennen. Wer ein Verbot von Emissionen aber falsch nennt und das auf diese Weise ordnungspolitisch diskutiert, steckt ganz tief in der unheilvollen Verstrickung von partiellen Industrieinteressen und den diese schützenden Regulierern.

 

Bei den Heizsystemen setzt sich das jetzt nahtlos fort. Gerade weil ich Befürworter einer gezielten und möglichst schlanken Regulierung bin, sehe ich zunehmend den Bedarf sehr weniger und knallharter Verbote, besser wäre der Begriff „Vorgaben“, um aus diesem Dschungel unseres ordnungspolitisch verkommenen System heraus zu finden. Emissionen und die Nutzung fossiler Energieträger schlicht zu verbieten, also Systeme vorzugeben, die ohne diese ökonomische und ökologische Pest auskommen, ist die klarste politische Zielsetzung bzw. Vorgabe, technologieoffen Lösungen zu entwickeln, die Zukunft haben.

Das scheint aber politisch nicht durchsetzbar. Gesellschaftlich ist dieses keinesfalls freie System mit der wirren Idee, alles genau so zu regeln, wie wir es gerade „wollen“, offensichtlich zu stark verankert. Das erkennt man auch bei den Debatten in Social Media, denn das sind im Mäntelchen von Scheinargumenten fast ausschließlich Willensbekundungen.

 

Was dabei auch untergeht, ist die viel größere Aufgabe des Staates, die unendlich vielen Hürden für neue Lösungen abzubauen. Eben weil wir heillos überreguliert sind, gehört das bei der Vorgabe von Zielen, wozu Emissionsverbote zählen, unbedingt dazu. An der Stelle aber fordern nicht wenige selbsternannte Marktwirtschaftler vollständige Lösungspakete der Regierung. Das ist der nächste innere Widerspruch, denn genau das kann und darf nicht Aufgabe des Staates sein, genau das ist planwirtschaftliche Denkweise.

Der Staat soll ganz im Gegenteil soziale oder ökologische Standards setzen, zu denen der Markt niemals finden kann, die Lösung aber offen lassen. Das Verbrenner-Verbot ist daran viel näher, als viele behaupten. Bei den Vorgaben zu Heizsystemen ist das genauso. Wer Regierungskritik richtig setzen will, sollte vielmehr bei dem kaum ersichtlichen Abbau von Hürden und Hemmnissen ansetzen. Da nämlich lauern die eigentlichen Gefahren für die Umsetzung. Wir haben genug Kapital, Wissen und Schaffenskraft, um neue Lösungen zu entwickeln, aber auf der Ebene konkreter Projekte trifft das tatsächlich auf so viele Gebote und Verbote, dass kaum etwas vorwärts geht.

 

Das ist aber bei Lichte betrachtet nur Teil derselben Denkweise, die sich jetzt mit so offensichtlich widersprüchlichen „Argumenten“ gegen das sogenannte Verbrenner-Verbot auflehnt. Merken aber die wenigsten und daher wird sich auch nichts ändern. Die Innovationen passieren weiter woanders, nach den E-Autos wird das bei den Wärmepumpen und lokalen Wärmenetzen genauso sein.

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