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Transformation oder besser nicht?

DMZ –  POLITIK ¦ Dirk Specht ¦                                 

KOMMENTAR

 

Drei sehr unterschiedliche Beiträge der FAZ als Anregung zur Nachdenklichkeit.

Der erste Beitrag mit einer sehr pessimistischen Überschrift bezweifelt das Szenario, durch die sogenannte „grüne Transformation“ ein „Wirtschaftswunder“ auszulösen.

 

Von diesen Begriffen ist bereits wenig zu halten, „grün“ entwickelt sich zum Schimpfwort, das nun mal parteipolitisch definiert ist und dort nicht hin gehört, „Wunder“ gab es in der Wirtschaft nie, vielmehr profitierte Deutschland in der Nachkriegszeit von der Erholung der Wirtschaft in ganz Europa. Die Frage ist derzeit, ob Deutschland von der global laufenden Transformation einer fossilen Ökonomie in eine defossile profitieren kann.

 

Der Beitrag geht dabei leider so vor, wie weite Teile von Politik, Gesellschaft und Wirtschaft, nämlich mit der Fokussierung auf alles, was im Rahmen dieser Transformation wegfallen wird. Das ist wohl ein fast schon kulturell verankerter Fehler, der Europa auch in bisherigen Transformationsprozessen so belastet hat. Wenn man sich nämlich auf Risiken fokussiert, wird man die ernten. Vernachlässigt man dadurch die Chancen, wird man die nicht ernten. Man bekommt, worum man sich kümmert, so einfach ist das.

 

Leider führen solche Betrachtungen und Perspektiven oft zu dem Reflex, man müsse etwas schützen und erhalten. Ganze politische Spektren reden tatsächlich zeitgleich von Marktwirtschaft und dem Erhalt von Geschäftsmodellen. Ein erschütternder Missbrauch der Theorie der Marktwirtschaft, in der zum Erhalt von Geschäftsmodellen explizit das Gegenteil steht. Die Spitze dieser Erhaltungswünsche ist gar die wirre Idee, die ganze Sache mit der „Klimapolitik“, ein weiteres Schimpfwort, sei ein teures Wunschkonzert, das man doch auch einfach lassen könne. Dabei ist „Klimapolitik“ oder korrekter benannt die Transformation auf eine defossile Ökonomie sowohl aus ökologischen Gründen wie aus globalen Wettbewerbsgründen längst ein Pflichtprogramm.

 

Es geht nicht darum, ob man das macht, sondern um die Frage, wie gut und wie schnell man es umsetzt. Leider fallen wir immer mehr in das „ob“ zurück. Dass es auch ganz anders laufen kann, zeigt das zweite Beispiel, das die „Wärmewende“ bei unseren Nachbarn, den Niederländern beschreibt. Die haben bezüglich der Rolle von Erdgas in ihrem gesamten Energiemix eine sehr ähnliche Situation wie Deutschland, jedoch aus ganz anderen Ursachen. Da sie eines der größten Erdgasfelder besitzen, wurde dieser Energieträger dort ausgebaut, unter anderem für Heizungen. Das ist politisch/strategisch bereits viel logischer und verantwortlicher als in Deutschland. Nun ist dieses Gasfeld zu 2/3 ausgebeutet, vor allem aber zeigen sich die eben doch nicht unbegründeten Risiken durch Erdbeben. Daher wurde kein eigenes Gas mehr gefördert, sondern u.A. aus Russland bezogen.

 

Deshalb und wegen der Notwendigkeit zu einer defossilen Wirtschaft zu finden, müssen auch in den Niederlanden die vielen Gasheizungen raus fliegen. Führt dort aber nicht zu einem Kulturkampf, sondern zu einer nüchternen und zudem akzeptierten Politik, die sogar wesentlich stärker eingreift, als in Deutschland. Hier werden nämlich konkret Technologien verboten und andere vorgeschrieben. Das ist also eine viel direktere Regulierung mit Verboten und Geboten, bis zu konkreten Technologien oder auch Lösungen wie Fernwärme. Was dort trotzdem nicht zu hören ist: Diese lärmende Empörungswelle wie in Deutschland.

 

Ein weiteres Beispiel, wie ganz pragmatisch und die Chancen suchend auch ein Lösungsweg möglich ist, kommt vom größten Automobilzulieferer der Welt: Bosch. Wenn ein Unternehmen durch diese Transformation im Kern berührt, sogar erschüttert wird, dann ist es dieses. Ausgerechnet Bosch aber sucht die Chancen und wird eine ganze Palette an neuen Produkten entwickeln, die sich explizit am Bedarf einer defossilen Ökonomie orientiert. So interpretiert man sich strategisch, man ist Zulieferer für eine sich erneuernde Nachfrage und nicht Hersteller von irgendetwas früher nachgefragtem.

Ein schöner Kontrast zum ersten Beitrag.

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