AT: Behindertenanwaltschaft: 715 Fälle von Diskriminierung im Jahr 2022

DMZ –  POLITIK ¦ MM ¦ Lena Wallner ¦                                    

 

Die Behindertenanwaltschaft in Österreich behandelte im Jahr 2022 insgesamt 715 Fälle von Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen. In ihrem Jahresbericht, der vom Sozialminister vorgelegt wurde, bringt die Behindertenanwaltschaft auf Grundlage ihrer Erfahrungen aus der Beratungstätigkeit Anregungen an die Politik vor (III-947 d.B.).

 

Zu den Forderungen gehören unter anderem eine stärkere Partizipation von Menschen mit Behinderungen bei Regelungen, die sie betreffen, die Umstellung von Taschengeld auf Lohn für Menschen, die in Tagesstrukturen arbeiten, die Schaffung eines Inklusionsfonds und die Einrichtung regionaler Außenstellen der Behindertenanwaltschaft. Im Berichtsjahr verstarb am 30. September 2022 der damalige Behindertenanwalt Hansjörg Hofer. Seine Stellvertreterin Elke Niederl übernahm daraufhin die Amtsführung.

 

Aufgaben der Behindertenanwaltschaft

Die Behindertenanwaltschaft berät und unterstützt Personen, die sich aufgrund des Bundes-Behindertengleichstellungsgesetzes oder des Behinderteneinstellungsgesetzes diskriminiert fühlen. Menschen mit Behinderungen können sich über eine Hotline oder schriftlich sowie im Rahmen von Sprechstunden und Sprechtagen an die Behindertenanwaltschaft wenden.

 

Im Jahr 2022 verzeichnete die Behindertenanwaltschaft insgesamt 715 Fälle. Durchschnittlich machten 60 Personen pro Monat von den Beratungsangeboten Gebrauch. Die meisten Fälle (117) betrafen Diskriminierung im Alltagsleben, gefolgt von Fällen aus dem Arbeitsbereich (73). Es wurden auch Probleme im Bildungsbereich (43), Wohnbereich (38) sowie im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie (32) gemeldet. Die Behindertenanwaltschaft erhielt zudem Anfragen aufgrund von Barrieren im Verkehr, bei Behörden oder beim Zugang zu Dienstleistungen der Versicherungswirtschaft. Der Bericht weist darauf hin, dass es gelungen sei, einen Großteil der Fälle abzuschließen, auch wenn nicht immer ein für die Betroffenen zufriedenstellendes Ergebnis erzielt werden konnte.

 

Zusätzlich führte das Personal der Behindertenanwaltschaft 558 telefonische Beratungen durch und unterstützte in 43 Schlichtungsverfahren als Vertrauensperson. Im vergangenen Jahr wurden zudem Hausbesuche, Lokalaugenscheine und Besuche bei Einrichtungen durchgeführt. Weitere Aktivitäten umfassen die Vernetzungsarbeit, die Mitwirkung im Gesetzgebungsverfahren durch Stellungnahmen, Workshops für Richteramtsanwärter:innen, die Beteiligung am Nationalen Aktionsplan Behinderung 2022-2030 sowie Öffentlichkeitsarbeit.

 

Forderungen an die Gesetzgebung

Die Behindertenanwaltschaft nutzt den jährlichen Bericht auch, um Anregungen an die Politik zu geben. Im Bereich des Behindertengleichstellungsrechts wird unter anderem eine verstärkte Partizipation von Menschen mit Behinderungen und Sensibilisierungskampagnen gefordert. Die Schaffung regionaler Außenstellen wird weiterhin angestrebt, um niederschwelliger arbeiten zu können.

 

Im Arbeitsbereich wird beispielsweise eine Neufassung der Kriterien für Arbeitsunfähigkeit gefordert sowie die schrittweise Ersetzung des aktuellen "Taschengelds" in Tagesstrukturen durch einen Entgeltanspruch. Im Bildungsbereich spricht sich die Behindertenanwaltschaft für einen Ausbau inklusiver Kinderbetreuungseinrichtungen ab dem ersten Lebensjahr, mehr Ressourcen für sonderpädagogischen Förderbedarf und die Verwendung von Gebärdensprache als Unterrichtssprache aus.

 

Im Gesundheitsbereich gehören zu den Forderungen eine flächendeckende Verwendung von Leichter Sprache und barrierefreie Kommunikationsmöglichkeiten für gehörlose und hörbehinderte Personen. Ein einheitlicher Zugang zur Persönlichen Assistenz und die Schaffung eines Inklusionsfonds werden im Bereich des Sozialrechts gefordert. Die Behindertenanwaltschaft regt auch Verbesserungen in den Bereichen Barrierefreiheit und Straßenverkehr an.

 

 

Herausgeber / Quelle: Parlamentskorrespondenz Österreich ¦ 

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