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Mit Kuhglocken und Helvetia gegen Volk und Bundesrat

DMZ – GESELLSCHAFT ¦ W. Fürst ¦ A.Aeberhard ¦           KOMMENTAR 

 

Immer absurdere Blüten treibt die Pandemie in der Schweiz. Eine weitere Gruppe mit Kuhglocken hat sich gebildet (Juli 2021) und missbraucht das Schweizerkreuz und Helvetia für deren Verschwörungstheorien und Unsinn, den sie unterstützen und verbreiten. Natürlich geht es auch hier einmal mehr nur ums Sammeln von Spenden. "Untragbar" meinen die einen, "doof" die anderen.

 

Auf der Website dieser ominösen Gruppierung steht die Präambel der Bundesverfassung, wenn auch gekürzt. Offenbar ist niemand dieser kleinen Gruppe mächtig, den Text auch richtig zu deuten, denn anders lässt sich nicht erklären, dass ausgerechnet diese Gruppe komplett dagegen verstösst.

 

"Im Namen Gottes des Allmächtigen!

Das Schweizervolk und die Kantone, in der Verantwortung gegenüber der Schöpfung, im Bestreben, den Bund zu erneuern, um Freiheit und Demokratie, Unabhängigkeit und Frieden in Solidarität und Offenheit gegenüber der Welt zu stärken, im Willen, in gegenseitiger Rücksichtnahme und Achtung ihre Vielfalt in der Einheit zu leben, im Bewusstsein der gemeinsamen Errungenschaften und der Verantwortung gegenüber den künftigen Generationen, gewiss, dass frei nur ist, wer seine Freiheit gebraucht, und dass die Stärke des Volkes sich misst am Wohl der Schwachen, geben sich folgende Verfassung: …"

 

Wir verweisen auf die Präambel der Verfassung und distanzieren uns ausdrücklich von sämtlichen Inhalten betreffend rassistischen oder anderen, mit in Zusammenhang gebrachten Aussagen der Helvetia Trychler, namentlich in Filmen, Schrift, in Worte oder Bildern wenn sie in abweichender Form zu unseren Grundwerten stehen.

...steht dann auch weiter auf der Website, wohl um zu legitimieren, dass man weiterhin mit illegalen Demonstrationen gegen das Gesetz verstossen kann, mit Rechten marschieren darf und sich gegen den Volkswillen auflehnen kann.

Wenn man an etwas beteiligt ist, muss man im Falle des Scheiterns die Konsequenzen mittragen - soviel zum Sprichwort "mitgefangen, mitgehangen"...

 

Wie SVP-Basis gegen Impfung und Covid-Zertifikat

Auch die Bedeutung des Covid-Zertifikats wird in der politischen Diskussion der nächsten Monate eine grosse Rolle spielen. Denn: Am 28. November 2021 stimmt die Schweiz über das zweite Covid-19-Referendum ab. Und das Zertifikat ist ein springender Punkt dieser Gesetzesänderung. Aktuell sprechen sich 61 Prozent der Bevölkerung für das Covid-Zertifikat aus, 35 Prozent sind dagegen. Der grösste Widerstand kommt vonseiten der SVP-Basis. Wie könnte es anders sein. Die Partei ist schliesslich gegen konsequent alles, was die Mehrheit der Bevölkerung will und braucht. So auch die selbsternannten Helvetia Trychler.

 

Verschwörungsgläubige Menschen sind nicht kritisch

Es sind nicht die Menschen kritisch, die an Verschwörungstheorien glauben, sondern genau diejenigen, die von Verschwörungstheoretikern gerne als Schlafschafe und mainstreamgesteuert bezeichnet werden. Nicht die Verschwörungstheoretiker hinterfragen und bemühen Quellen, sondern die gechippte Herde.

Wer an Verschwörungen glaubt, denkt tendenziell weniger kritisch - eine neue Studie zeigt diese neue Facette  auf. Verschwörungsgläubige Menschen sehen sich selbst als sehr kritisch denkende Personen - was aber eben genau nicht zutrifft.

 

Gefühlter Kontrollverlust und Misstrauen gegenüber der Politik scheinen bei manchen durch die Corona-Pandemie verstärkt worden zu sein. Verschwörungstheorien sind deshalb aber nicht erst im aktuellen Zeitalter von Social Media und Fake News Gegenstand sozialwissenschaftlicher Forschung geworden. Bereits Popper setzte sich mit ihnen auseinander; seine Definition lautete: Eine solche "Theorie behauptet, dass die Erklärung eines sozialen Phänomens in dem Nachweis besteht, dass gewisse Menschen oder Gruppen an dem Eintreten dieses Ereignisses interessiert waren und dass sie konspiriert haben, um es herbeizuführen."(Popper 1992 [1957]), 112). 

 

Verschwörungstheorien werden nicht deshalb geglaubt, weil sie rational und kognitiv überzeugend wären, sondern weil sie u. a. dazu beitragen, das eigene Weltbild zu festigen (Salzborn 2017); sie erfüllen also spezifische individuelle Bedürfnisse. Dementsprechend werden ihnen verschiedene Funktionen attestiert, die anscheinend in Gegenwartsgesellschaften weiterhin von besonderer Bedeutsamkeit sind, wird die hohe Anzahl und Verbreitung verschiedener zirkulierender Verschwörungstheorien betrachtet (u. a. 9/11-Verschwörungstheorien, Leugnung der Mondlandung, Reichsbürgerbewegung, Chemtrails). 

 

Aus verschiedenen Studien weiss man bereits, dass bestimmte Faktoren Menschen besonders anfällig für die Verschwörungsmentalität machen, etwa ihr geringes Bildungsniveau oder der Wunsch, sich einzigartig zu fühlen.

 

Die Helvetia Trychler haben unsere Fragen ignoriert

Wie üblich in diesen Kreisen, wurden auch hier unsere Fragen nicht beantwortet. Im Zuge unserer Recherchen zu den Massnahmengegnern der Trychler haben wir für unsere Berichterstattung folgende Fragen gestellt: 

  • Wer steckt, namentlich, hinter der Gruppierung?
  • Wie viele Mitglieder hat der Verein?
  • Was wird mit den Spenden gemacht?
  • Was sind die Ziele dieser Aktionen an Demos?
  • Sie schreiben auf der Website:

    Wir verweisen auf die Präambel der Verfassung und distanzieren uns ausdrücklich von sämtlichen Inhalten betreffend rassistischen oder anderen, mit in Zusammenhang gebrachten Aussagen der Helvetia Trychler, namentlich in Filmen, Schrift, in Worte oder Bildern wenn sie in abweichender Form zu unseren Grundwerten stehen.

  • Wieso marschieren Sie trotzdem weiterhin mit diesen Leuten gegen den Bundesrat und die Bevölkerung?
  • Wieso engagieren Sie sich für die Spaltung der Bevölkerung?

Natürlich sind diese Fragen nicht einfach zu beantworten, wenn man selber nicht weiss, wieso man was tut. Am 18.9.21 wird diese Gruppe erneut auftreten mit Verschwörungstheoretikern, Antisemiten, Rassisten und Systemkritikern. Auch Auftritte von Thomas Minder, Andreas Thiel sind geplant. Auf Facebook machen die Helvetia Trychler gar Werbung für Die Basis (DE) und illegalen Demonstrationen oder Lyrik der untersten Schublade unter der untersten:

"Heute. Sonntag. Der letzte Tag bevor die Schweiz in den Schatten von Gesundheitsfaschismus, politischem Totalitarismus und diktatorischen Regeln einer völlig entfesselten Regierung gerät.

Rütli.
Was lag heute näher als eine Wanderung auf heiligen Boden? Das Rütli: Teil unserer nationalen Identität. Wo die Seelen unserer Vorväter lebendig sind und uns ins Gewissen reden. Wo uns bewusst werden sollte, welche Opfer sie brachten. Wo sie schworen, sich jeglicher Tyrannei zu widersetzen um Freiheit, Frieden und Unabhängigkeit für alle Generation nach ihnen zu erhalten.
Der Schwur, als Mythos belächelt von denen, die keinen Bezug mehr haben zu den Kräften der Natur, keine Ehrfurcht vor der Schöpfung, keine Achtung vor den Geboten der eigenen Seele und des Herzens.
Und jetzt, zu dieser Zeit, sehen wir eine Regierung, welche die Rechte ihrer Bürger mit Füssen tritt. Eine Regierung, welche keine Skrupel hat, eine Zweiklassengesellschaft zu installieren. Eine Regierung die sich vor den Begehrlichkeiten fremder Kräfte, welche dieses globale Desaster zu verantworten haben, verbeugt.
Für meinen Teil hoffe ich, dass die bequeme und schlafende Masse endlich aufwacht.
Die Zeit dafür war nie wichtiger als heute."
Misstrauen gegenüber den Behörden, dem Gefühl, keine Kontrolle über sein Leben zu haben, und Unzufriedenheit
Die üblichen Fake-News und Youtubevideos rahmen den ganzen Irrsinn ab. Auch Hitler, mein Kampf wird geteilt, Videos des entlassenen gewaltbereiten Wirtes vom Chalet SC Buochs. Diese lächerliche Gruppierung hat also nichts mit der Schweiz zu tun, noch mit der Präambel der Verfassung. Die Beteuerung auf der Website dieser "Helden" ist also eine Farce. 

 

Auf soziopolitischer Ebene wurde die Verschwörungsmentalität in zahlreichen Forschungsarbeiten mit einem Gefühl der Anomie – einer Mischung aus Misstrauen gegenüber den Behörden, dem Gefühl, keine Kontrolle über sein Leben zu haben, und Unzufriedenheit – sowie mit einer extrem rechten (und manchmal, wenngleich seltener, extrem linken) Gesinnung in Zusammenhang gebracht.

 

Durch diese Merkmale wird der Glaube an Verschwörungstheorien zu einer spezifischen politischen Haltung, die für gesellschaftliche Randgruppen charakteristisch ist. Trifft auch im Fall dieser Gruppierung zu.

 

Auf Ebene der Persönlichkeit besteht ein Zusammenhang zwischen dem Glauben an Verschwörungstheorien und bestimmten tendenziell pathologischen Merkmalen wie der Schizotypie – eine Persönlichkeitsstörung, die durch Paranoia (das Gefühl, beobachtet zu werden, dass andere einem etwas verübeln und so weiter) sowie durch eine zur Isolation führende Sozialphobie gekennzeichnet ist und mit wahnhaften Verhaltensweisen und Gedanken einhergeht. Damit verbunden sind abergläubische, magische oder paranormale Überzeugungen, die bei Anhängern von Verschwörungstheorien ebenfalls häufiger zu beobachten sind.

 

Eine neue Studie zeigt nun eine weitere Facette dieser Mentalität auf: kritisches Denken. Eine Forschungsgruppe um den französischen Sozialpsychologen Anthony Lantian fand nämlich heraus, dass der Glaube an Verschwörungstheorien umso geringer ist, je höher das Niveau des kritischen Denkens ist. Er deckte allerdings nur eine Korrelation auf, nicht einen Kausalzusammenhang.

 

In zwei Studien nahmen Testpersonen u.a. an einer Aufgabe zum kritischen Denken teil: Sie wurden aufgefordert, einen Leserbrief kritisch zu bewerten. Dabei stand das Erkennen guter Argumente, das Aufzeigen anderer Erklärungen und das Vermeiden von Übergeneralisierung im Fokus.

 

Die Forschungsgruppe fand heraus, dass die Teilnehmenden umso weniger an Verschwörungstheorien glaubten, je besser sie bei dieser Aufgabe zum kritischen Denken abschnitten. Interessant ist, dass die verschwörungsgläubigen Personen ihre Fähigkeiten des kritischen Denkens nicht realistisch einschätzen konnten. Sie sahen sich selbst als sehr kritisch denkende Personen.

 

Das macht Sinn, wenn die Narrative der Anführenden von Verschwörungsbewegungen ein­gehender betrachtet werden. Sie und ihre Anhängerinnen und Anhänger stellen sich oft als kritische oder freie Denker dar, die dort das Licht sehen, wo andere es nicht sehen können.

 

"Zurück zur Normalität"

Eine Schlagzeile die man laufend lesen muss; obschon es absurd ist, ausgerechnet Partys, Spreaderevents, Hotspots, Unvernunft, Grossanlässe usw., die das Gemeinwohl gefährden und Tote fordern als "Normalität" zu bezeichnen und dies noch zu feiern. Letztlich sind Massnahmen auch erst dann nötig, wo die Unvernunft Überhand nimmt. Schuld sind immer die Verursacher! Aber genau die sind am Lautesten und protestieren gegen Alles, was aus ihrer Sicht nicht ihrer "Meinung" entspricht. Aber mit Meinung hat der Irrsinn leider nichts zu tun. Mangelnde Bildung, Ignoranz und Arroganz treffen dieses Verhalten viel eher.

 

"Spaltung der Gesellschaft"

Noch so eine Schlagzeile, die die Clickbaitorientierten Medien verbreiten und anfeuern. Auch hier sind es ausgerechnet die Aggressoren (Skeptiker, Gegner...), die davon sprechen, dass die vernunftbegabte Mehrheit für diese "Spaltung" verantwortlich zu machen sei. Paradox!

Zum Skeptiker wird man erst aus Angst. Macht es sich, wer immer nur vor der Spaltung der Gesellschaft warnt, nicht etwas zu einfach? Ist eine solche Warnung nicht vor allem wohlfeil? Letztlich wird doch niemand, der ein ernsthaftes Interesse am gesellschaftlichen Miteinander hat, für dessen Spaltung eintreten.

Nur wenige zweifeln daran, dass Sozialen Medien grossen Einfluss auf die interne Feindseligkeit einer zunehmend ausdifferenzierten Gesellschaft haben. Eine Gesellschaft, die sich in diesem Raum im Vergleich zu früheren Jahrzehnten vervielfacht antrifft und dort konfrontativ und kompromisslos auseinandersetzt. 

 

„Unsere Gesellschaft war noch nie einheitlich. Wir hatten früher aber Massenmedien, bei denen sich fast alle informierten – alle sahen Nachrichten im Fernsehen. Durch das Internet ändert sich die Situation. Jede Gruppe hat heute ein eigenes massgeschneidertes Nachrichtenangebot, das mehr oder weniger nach journalistischen Massstäben arbeitet. Viele dieser Angebote sind ‚alternative Medien‘, deren Autoren es mit den Fakten nicht so eng sehen, um ihre politischen Ziele zu erreichen. Sie überspitzen. Diese Angebote verstärken die gesellschaftliche Spaltung weiter.“

Wolfgang Schweiger, Kommunikationswissenschaftler

 

 

Würde man die Minderheit der Corona-Lästerer nicht laufend medial pushen, gäbe es auch nichts, das einer Bewegung gleich kommen würde

Viele Menschen sind wegen der Corona-Krise ängstlich oder unsicher. Das ist verständlich, denn die Krise und was da noch kommen mag, birgt viele unbeantwortete Fragen. Das Finden nach Antworten kann noch eine Weile dauern. Deshalb ist es wichtig, mit den Ängsten und Unsicherheiten umgehen zu können. Einigen Menschen gelingt dies nicht mehr und verlieren sich. Meist ist die Panik nach den ersten vier Wochen vorbei. Menschen sind extrem anpassungsfähig und finden auch in gefährlichen Zeiten ihren Wohlfühlpegel wieder. Denken wir mal an Menschen, die in Kabul oder Johannesburg leben. Dort sind die täglichen Gefahren erheblich höher als bei uns, und dennoch behalten die Menschen ihre Lebensfreude. Aber auch hier verlieren sich diese Menschen bereits und den Blick für die Realität. Vieles wird natürlich für Klicks und Geld von Medien zusätzlich angeheizt: "Coronamüdigkeit", "Aufstand", "Demos" usw. - alles hochgekocht, nicht existent und überbewertet. Würde man die Minderheit der Corona-Lästerer nicht laufend medial pushen, gäbe es auch nichts, das einer Bewegung gleich kommen würde. Dabei spielt man gefährlich mit diesen verängstigten und unsicheren Menschen. Ignorieren ist wohl das erfolgreichste Mittel gegen diese Panik bei den Corona-Lästerern. Die Mehrheit der Menschen wird sich auch weiterhin vorsichtig verhalten. Beratungsresistente Corona-Leugner wird man ohnehin nicht mit Fakten erreichen. Deshalb muss deren Tun schlicht ignoriert werden.

 

Meinungsfreiheit wird durch Radikalisierung ersetzt

Diejenigen, die für sich selbst bei jeder Gelegenheit auf "Meinungsfreiheit" und Anerkennung ihrer Überzeugungen pochen, zwingen anderen ihre Position auf, vielfach schreiend, in der Gruppe, an anderesdenkende gerichtet. Die Protestierenden glauben, für skeptische Abwägung und kritische Aufgeklärtheit zu stehen. Tatsächlich aber durchlaufen viele Corona-Lästerer eine bisher so nie gesehene, pandemische Echtzeitradikalisierung. Sie lässt sich nicht nur an solchen Situationen erkennen, sondern auch an den Leitfiguren der Szene. Wenn Beweggründe oft anders sind in diesen Gruppierungen, haben alle eines gemeinsam: Antisoziale, impulsive und narzisstische Persönlichkeitsmerkmale. Antisozialität hängt mit einem Mangel an Empathie gegenüber anderen, wie z.B. Älteren oder Kranken, zusammen. Ein rücksichtsloses Missachten der Interessen und des Wohlergehens anderer steht im Zentrum der Antisozialität genauso wie manipulatives und oft auch gewalttätiges Verhalten. Im Hintergrund stehen meist kognitive Grundannahmen, wie „meine Interessen sind wichtiger“, „ich lasse mir von keinem etwas sagen“, „ich mache mir alle Regeln selbst“ oder „die anderen sollen gefälligst tun, was ich will“.

 

Die impulsive Persönlichkeit wirkt auch oft antisozial. Im Unterschied zur ausschliesslich antisozialen Persönlichkeit ist sie aber weniger strategisch und manipulativ, sondern kann sich viel schlechter steuern und kontrollieren. Wenn es etwa gilt, wahrgenommene oder auch nur diffus gespürte Bedürfnisse zu befriedigen, vergisst die impulsive Persönlichkeit Vorsätze und Regeln, um zu ihrem vermeintlich einzig wichtigen Ziel zu kommen. Daraus entstehen oft automatisierte unbewusste Verhaltensroutinen bis hin zu Zwängen.

 

Die Bewegung der riesigen Minderheit

Die emotionale Beweisführung ist inzwischen der wohl wichtigste Mechanismus der Bewegung, weil Gefühle über soziale Medien ansteckend wirken können. Denn genau dafür wurden soziale Medien gebaut, die virale Verbreitung des "Engagements", wie man die meist emotional gefärbte Beteiligung am Netzgetöse bezeichnet. Wenn man Angst hat, existiert definitiv ein Grund, um Angst zu haben. Wenn man spürt, da sei etwas faul, dann ist etwas faul. Wenn man sich wütend fühlt, dann ist das der Beweis dafür, dass etwas schiefläuft und jemand verantwortlich sein muss. Die narzisstische Persönlichkeit muss sich selbst in den Mittelpunkt stellen, um das Gefühl der Wichtigkeit zu erlangen und nicht an Selbstwertmangel zu leiden. Sie braucht kontinuierlich Bestätigung und Aufmerksamkeit. Sie verhält sich wie ein Luftballon, der ständig mit heisser Luft aufgepumpt werden muss. Im Grunde überdehnt sie die Grenzen ihres kleinen Ichs und kann damit andere nachhaltig schädigen. Wenn andere sie dann einschränken, empfindet sie dies schnell als Herabsetzung oder Kränkung. Entweder sie setzt sich an die Spitze der Bewegung oder sie rebelliert dagegen und hintertreibt die geforderten Veränderungen. Dieses Verhalten zeigt sie auch in der Krise, denn für die jetzige krisenhafte Situation der Gesellschaft gilt, dass die sonst mehr oder weniger kaschierten Persönlichkeitsanteile nunmehr unter Stress deutlicher und intensiver hervortreten.

 

Oft neigen Menschen dazu, Sichtweisen zu entwickeln, die mit ihrem Selbstbild übereinstimmen. Nimmt sich eine Person als selbstbestimmtes Individuum wahr, ist sie eher geneigt, COVID-19 zu verharmlosen – zum Beispiel, indem sie es mit der Grippe vergleicht. Nicht-Experten greifen oft zu vereinfachten und aus dem Zusammenhang gerissenen Argumenten, solange sie ihre Sichtweise stützen (motiviertes Denken). Das verleitet sie auch zu der irrigen Schlussfolgerung, dass ihr eigenes Urteil den Ansichten der Experten ebenbürtig sei. Verschwörungstheorien sind eine extreme Form des motivierten Denkens. Jede Tatsache, die die vertretenen Überzeugungen untergräbt, wird durch das „eigene Wissen“ der Verschwörungstheoretiker über die wahren Gründe und „Machenschaften“ überdeckt. Die Medien geben durch ihre Berichterstattung eine Art Sicherheit an diese Gruppierung ab, die es definitiv nicht braucht und kontraproduktiv in der Bewältigung der Krise ist.

 

Es ist wichtig, Dinge zu erklären, mit Fakten zu überzeugen aber auch zu wissen, dass es Menschen gibt, die man nicht erreichen kann.

 

 

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